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WALD/143: Neues Waldbeobachtungssystem 'Global Forest Watch' gestartet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Februar 2014

Umwelt: Digitale Schnappschüsse in Echtzeit über den Zustand der Wälder - Neues Waldbeobachtungssystem gestartet

von Bryant Harris


Bild: © Crustmania / CC by 2.0

Die Folgen illegalen Holzeinschlags
Bild: © Crustmania / CC by 2.0

Washington, 24. Februar (IPS) - Das Weltressourceninstitut (WRI) in Washington hat mit mehr als 40 Partnern inklusive Google eine neue Website gestartet, die Regierungen, Unternehmen, Zivilgesellschaft und Privatpersonen erlaubt, sich nahezu in Echtzeit ein Bild vom Zustand der Wälder und vom Waldsterben überall auf der Erde zu machen.

'Global Forest Watch' (GFW), so der Name des neuen Waldbeobachtungssystems, nutzt modernste Satellitentechnologie und von Google bereitgestellte Cloud-Computing-Datenverarbeitungsressourcen, um Nahaufnahmen von Waldwachstum und Entwaldung zu erstellen.

Da GFW kostenlos zugänglich ist, hoffen die Partnerorganisationen, dass sich Privatpersonen auf diesem Weg zu 'Bürger-Wissenschaftlern' weiterbilden und sich mit Lobbygruppen zusammenschließen, um dadurch Regierungen und Unternehmen wirkungsvoller zu umweltfreundlichen Strategien anzumahnen.

Zur Präsentation am 20. Februar in Washington kamen Repräsentanten der Regierungen der USA, Norwegens und Mexikos sowie Wissenschaftler, Unternehmer, Vertreter der Zivilgesellschaft und indigene Aktivisten. "Wenn man Daten in Echtzeit erhalten und vor Ort über Veränderungen sprechen kann, wird dies eine tiefgreifende Wirkung auf den Dialog mit unseren Partnern auf der ganzen Welt haben", meinte Kerri-Ann Jones, Staatssekretärin im US-Außenministerin, die für internationale Umwelt- und Wissenschaftsfragen zuständig ist.

Nutzer von GFW können sich per Email über neuste Entwicklungen informieren und die Texte in mehreren Sprachen abrufen. Auch das Hochladen von Fotos und deren Austausch über soziale Netzwerke ist über die Website möglich. Das Projekt wird von zahlreichen Regierungen und unabhängigen Organisationen finanziell unterstützt. Norwegen hat zehn Millionen US-Dollar und die US-Entwicklungsbehörde USAID 5,5 Millionen Dollar beigetragen. Weitere fünf Millionen Dollar kamen jeweils von Großbritannien und der Globalen Umweltfazilität GEF.


Probleme sichtbar gemacht

GFW ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Operationen von Lieferfirmen, von denen einige illegal Holz einschlagen. Rajiv Shah von USAID merkte bei der Präsentation an, dass seine Behörde auf Grundlage der Daten mit internationalen Firmen zusammenarbeiten könne, um die Auswirkungen der Entwaldung in besonders gefährdeten Gebieten abzumildern.

"Man kann keine Probleme lösen, die man nicht sieht", sagte Shah. "Da wir nun nachverfolgen können, wie der Waldschwund mit den Aktivitäten dieser Zulieferketten zusammenhängt, werden wir unsere Programme und unsere Finanzierung auf diese Gemeinschaften ausrichten, die das Ausmaß der Entwaldung in den am stärksten betroffenen Gebieten begrenzen wollen."

Ausländische Unternehmen sind aber nicht nur an den Hölzern der Regenwälder interessiert, sondern entwalden die Gebiete für die Produktion von Ölpalmen. Einem Bericht der Umweltorganisation 'Rainforest Action Network' zufolge arbeitet der US-Nahrungsmittelhersteller 'Kellogg's' mit Palmöllieferanten zusammen, die für die weiträumige Zerstörung von Urwäldern in Indonesien und Malaysia mit verantwortlich sind. Dadurch werden indigene Völker und bedrohte Tierarten wie der Orang-Utan akut in ihrer Existenz gefährdet. Die öffentliche Kritik hat Kellogg's inzwischen zu der Zusicherung veranlasst, im Sinne einer nachhaltigen Gewinnung des Rohstoffs die Auflagen für seine Palmöllieferanten zu verschärfen.

Die US-Regierung nimmt Shah zufolge gerade diesen Industriezweig bei ihrem Kampf gegen Entwaldung genau ins Visier. "Wir haben ein präzises Ziel, nämlich den Schwund der tropischen Regenwälder infolge der Produktion von Palmöl, Rindfleisch, Soja sowie Papierbrei zu beenden", sagte er.


Große Gefahren für Indonesien

Vor allem die indonesischen Wälder sind vom Einschlag bedroht. Am 19. Februar verurteilte ein indonesisches Gericht einen Polizisten wegen illegalen Holzeinschlags zu zwei Jahren Haft und 4.000 US-Dollar Geldstrafe - ein viel zu mildes Urteil, wie die Umweltorganisation EIA kritisiert. Der Polizist war vom Vorwurf der Geldwäsche im Umfang von 127 Millionen Dollar entlastet worden, die teilweise mit der nicht genehmigten Verschiffung von Holz in Zusammenhang stehen soll. EIA zufolge belegt dieser Fall einmal mehr, wie wenig die indonesische Regierung am Kampf gegen Korruption und Kahlschlag interessiert ist.

Bei der Vorstellung der GFW-Website in Washington konnten illegale Aktivitäten in Regenwäldern in Indonesien und in einem Nationalpark in Côte d'Ivoire verfolgt werden. "Indigene Gemeinden können genau nachverfolgen, was wo geschieht und kennen möglicherweise sogar die Übeltäter", meinte Nigel Sizer von WRI. Das Projekt könne dazu beitragen, dass die Einhaltung von Vorschriften und die Sensibilisierung der Bevölkerung weltweit vorangetrieben würden.

Unternehmen wie Unilever und Nestlé haben sich inzwischen dazu verpflichtet, nur mit 'sauberen' Zulieferern zusammenzuarbeiten. Die Konzerne gaben ferner bekannt, sie wollten GFW selbst verwenden, um denjenigen Zulieferern auf die Schliche zu kommen, die sich nicht an ihre Standards halten.

Auch wenn sich das Tempo der Entwaldung in den letzten zehn Jahren aufgrund von Umweltschutzinitiativen verlangsamt hat, sind laut der Weltagrarorganisation FAO zwischen 2000 und 2012 schätzungsweise 2,3 Millionen Quadratkilometer Wald verloren gegangen. Täglich wird somit Wald auf einer Fläche von 50 Fußballfeldern gefällt. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht der Waldschwund in etwa der Größe des zentralamerikanischen Staates Costa Rica. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/02/website-gives-real-time-snapshot-deforestation/

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IPS-Tagesdienst vom 24. Februar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2014