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WIRTSCHAFT/050: Der Clean Development Mechanism und die Schwachstellen in der Klimafinanzierung (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2014
Wer die Netze hat, hat die Macht? Infrastrukturen und Nachhaltigkeit

CDM und nachhaltige Entwicklung?
Der Clean Development Mechanism und die Schwachstellen in der Klimafinanzierung

Von Juliane Voigt



Die Klimaprojekte des Clean Development Mechanism (CDM) sollen den Industriestaaten ermöglichen, kosteneffektiv Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig zur nachhaltigen Entwicklung der Entwicklungsländer beizutragen. Die Kritik an diesem Mechanismus bezüglich des tatsächlichen Beitrages zur nachhaltigen Enwicklung wird immer lauter. Zahlreiche Projekte werden dem Versprechen sozialer oder ökologischer Vorteile nicht gerecht, sondern haben vielmehr negative Einflüsse auf die Umwelt und die lokale Bevölkerung. Brisant ist in diesem Zusammenhang die Finanzierung von Klimaschutzprojekten durch internationale Banken und Organisationen wie der Weltbank.


Der Mechanismus zur umweltfreundlichen Entwicklung, auch Clean Development Mechanism (CDM) genannt, wurde schon viele Male kontrovers diskutiert. Einer der Hauptkritikpunkte ist dabei, dass trotz seiner eigentlichen Zielsetzung zur nachhaltigen Entwicklung beizutragen, keine internationalen Kriterien festgelegt sind, die eine solche Entwicklung näher bestimmen. Die Gastgeberländer von CDM-Projekten definieren individuelle Kriterien nach denen sie festlegen, was zur nachhaltigen Entwicklung ihres Landes beiträgt. Diese Kriterien sind in der Regel sehr allgemein gehalten, um viele CDM-Projekte, und damit viele internationale Investitionen zu sichern. Darüber hinaus fehlen Mechanismen zur Überprüfung von registrierten Projekten und von jenen Versprechungen, die hinsichtlich des Nutzens für Umwelt und lokale Gemeinden gemacht wurden.

Überdies gibt es keine Möglichkeit für die lokale Bevölkerung gegen negative Auswirkungen oder Rechtsverletzungen, die als Folge von CDM-Projekten auftreten, Beschwerde einzureichen. Die Brisanz des Fehlens eines solchen Mechanismus wird dadurch unterstrichen, dass bei mehreren CDM-Projekten Umweltverschmutzungen wie auch Menschenrechtsverletzungen, die in direktem Zusammenhang mit den registrierten Projekten stehen, festgestellt wurden.

Sasan: das schwarze Schaf

Die Ironie des CDM und der Mangel an internationalen Kriterien für nachhaltige Entwicklung können am besten daran aufgezeigt werden, dass es mittels dieses Mechanismus zur umweltfreundlichen Entwicklung sechs Kohlekraftwerke geschafft haben, als Klimaprojekte registriert zu werden. Eines der umstrittensten Projekte ist dabei das Sasan Kohlekraftwerk (Projekt 3690) in Singrauli, Indien. Mit einer beeindruckenden Liste von Versprechungen und deren positiven Beiträgen zur gesellschaftlichen, ökonomischen und umweltfreundlichen Entwicklung in der Region wurde das Sasan Projekt im Jahr 2010 registriert und von einer Vielzahl internationaler Banken und Organisationen mitfinanziert. Im März 2014 fuhr ich zu diesem Projekt um zu untersuchen, in welchem Maße die gegebenen Versprechen umgesetzt wurden. Auffällig bei diesem Besuch war, dass nicht nur die angeblichen Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung nicht eingehalten wurden, sondern im Gegenteil, negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung und die Umwelt zu verzeichnen sind. Dazu zählen polizeiliche Übergriffe auf Demonstranten, illegale Festnahmen, teilweise mit Gewalt herbeigeführte Umsiedlung von Anwohnern und sozialen Einrichtungen sowie Luft- und Wasserverschmutzung durch Flugasche, die gesundheitliche Schäden hervorrufen.

Notwendingkeit schärferer Regelungen

Dass ein Projekt wie Sasan von zahlreichen internationalen Banken wie beispielsweise der Export-Import Bank finanziert und trotz gravierender negativer Folgen immer noch als CDM-Projekt laufen kann, zeigt die Mängel der derzeitigen Regelungen. Auch die Weltbank ist am Sasan Projekt beteiligt und finanzierte die notwendigen Übertragungs- und Fernleitungen. Dem Mandat der UN, welche unter dem Cancun Agreement dazu verpflichtet ist, den Menschenrechten in allen Klimaprojekten Respekt zu zollen, wird dabei in keiner Weise Rechnung getragen.

Die Erfahrungen mit dem CDM haben eindeutig gezeigt, dass Klimafinanzierung nach strikteren Kriterien und besseren Sozialregelungen geschehen muss. Das Sasan CDM-Projekt unterstreicht mit aller Deutlichkeit, dass neue Mechanismen integriert werden müssen, um die Umwelt und in besonderem Maße Menschenrechte zu stärken. Beschwerdemechanismen, internationale Kriterien für nachhaltige Entwicklung und Kontrollmechanismen zur Überprüfung der gegebenen Versprechen müssen eingeführt werden, um tatsächlich nachhaltige Entwicklung durch den CDM zu ermöglichen und die Finanzierung von Klimaprojekten gerechter zu gestalten. Dies ist nicht nur von Bedeutung für den CDM und eine bevorstehende Reform dieses Mechanismus, über welche im Dezember 2014 auf der internationalen Klimakonferenz in Peru entschieden wird, sondern für generelle Regelungen der Klimafinanzierung.


Autorin Juliane Voigt ist Researcherin bei Carbon Market Watch.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2014, Seite 35-36
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2014