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WASSER/036: Totes Meer - Wärmespur verrät, wo Trinkwasser verloren geht (UFZ-Newsletter)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Newsletter Oktober 2011

Wärmespur verrät, wo Trinkwasser verloren geht

von Bettina Hennebach und Christian Siebert


Trinkwasser ist für die Menschen in Israel, Palästina und Jordanien schon heute ein knappes Gut. Die Länder versorgen sich hauptsächlich aus Brunnen, die mittlerweile bis zu 1000 Meter tief in die Erde reichen. Und der Grundwasserspiegel sinkt weiter. Denn durch das Aufstauen des Jordans am See Genezareth und von zufließenden Wadis - den Wüstenflüssen, die nur nach Regen Wasser führen - kommt immer weniger Wasser im Toten Meer an. Um mehr als einen Meter jährlich sinkt dadurch dessen Wasserspiegel - nicht ohne Einfluss auf die Trinkwasserbrunnen im Umland, von denen immer mehr trocken fallen. Zu den wenigen verbliebenen Zuflüssen ins Tote Meer zählen oberirdische Quellen und unterirdische, sogenannte submarine Süßwasserquellen. Durch sie gehen riesige Süßwassermengen, die für die Versorgung der Bevölkerung wichtig wären, verloren. Allerdings verhindert dieser Zustrom auch ein noch rascheres Absinken des Seespiegels.

Um zu verstehen, wie viel kostbares Quellwasser an welchen Stellen und in welcher Qualität verloren geht und um eine Vorstellung über die Geschwindigkeit zu bekommen, mit der das Sinken des Meeres den Grundwasserzustrom steuert, beschäftigen sich die Hydrogeologen und Fernerkundler des UFZ am Standort Halle mit der Frage, wie das Wasser überhaupt ins Tote Meer hineinströmt. Gemeinsam mit Kollegen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover ist es ihnen nun im Projekt SUMAR (SUstainable Management of Water in Arid and Semi-Arid Regions) gelungen, das Unsichtbare sichtbar zu machen. In nächtelanger Detailarbeit wurde das gesamte Westufer des Toten Meeres mit einer Thermalkamera abgelichtet, deren Bilder die Wärmeabstrahlung der Oberfläche als Farbspektrum wiedergeben. Damit sollten die Quellgebiete besser kartiert, aber auch die Grundlagen geschaffen werden, Mengen zu kalkulieren. Der Vergleich des Luftbildes vom Ufersaum (Bild links) mit der dazugehörigen Thermalaufnahme (Bild rechts), zeigt: Die in der Nacht abgekühlte Landoberfläche (blau bis grün) hebt sich stark vom wärmeren Toten Meer und dem noch wärmeren Quellwasser (orange bis rot) ab. Tritt das Quellwasser zutage, fräst es sich, dabei schmale Canyons bildend, in das weiche tonig-salzige Ufersediment ein. Durch dieses schlängelt es sich im unteren Teil der Bucht und ergießt sich dann in Rottönen ins Meer. Im oberen Bereich der Bucht hat sich ein roter Ufersaum an der Landzunge ins Meer hinein ausgedehnt, von Canyons oder Quellen jedoch keine Spur: Hier tritt Grundwasser submarin aus dem Sediment aus und bildet eine Wärmeinsel. Am spannendsten für die Wissenschaftler sind die für das extrem salzige Tote Meer wohl typischsten Phänomene - gut sichtbar als kleiner pinkfarbener Fleck inmitten des kühlen gelborangen Meeres, etwa in der Mitte der Bucht: Sogenannte "upwellings" - warmes submarin austretendes Süßwasser, das aufgrund seiner im Vergleich zum Toten Meer erheblich geringeren Dichte aus großer Wassertiefe nach oben getrieben wird.

Die Frage nach den Gründen der Versalzung und der Menge an Grundwasser, das in das Tote Meer hinein fließt, treibt Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern seit Jahren um - bislang jedoch ohne durchbrechende Erfolge. Daher hat die Helmholtz-Gemeinschaft diese Region zu einem der Schwerpunkte ihrer Wasserforschung erklärt. Unter Federführung des UFZ arbeiten deutsche, aber auch Wissenschaftler aus Israel, Palästina und Jordanien gemeinsam an der Klärung dieser Frage. So simulieren die Hallenser Hydrogeologen potenzielle Wege des Grundwassers vom Niederschlag bis in die tiefen Schichten der Erde. Die Analyse von Isotopen und Seltenen Erden im Wasser macht dessen tatsächliche Fließpfade sichtbar, und die Fernerkundung zeigt ihnen die Austrittstellen und -formen.

Dr. Christian Siebert und sein Kollege Ulf Mallast freuen sich über die ersten vielversprechenden Ergebnisse ihrer Arbeit: "Durch die Beprobung submariner Quellen mithilfe von Tauchern vom MPI in Bremen kennen wir nun auch die letzten Wassertypen und deren Entstehungsgeschichte. Wenn wir mit den vorliegenden Thermalaufnahmen detailliertere Aussagen zum Auftreten und hoffentlich auch zur Menge der submarinen Zutritte treffen können, sind wir einen riesigen Schritt weiter. Dann wird es auch besser möglich sein, zum Schutz dieser Quellen als Ursprung und Garanten für hochsensible Ökosysteme beizutragen."

UFZ-Ansprechpartner:
Dr. Christian Siebert
Dept. Catchment Hydrology

e-mail: christian.siebert@ufz.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Westufer des Toten Meeres Foto: UFZ


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Quelle:
UFZ-Newsletter Oktober 2011, Seite 6
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2011