Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

WASSER/178: Menschenrecht auf Sanitärversorgung fehlt im Entwurf der Post-2015-Ziele (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Mai 2014

ENTWICKLUNG: Menschenrecht auf Sanitärversorgung aus Entwurf der Post-2015-Ziele entfernt - Nichtregierungsorganisationen protestieren

Von Thalif Deen


Bild: © Kibae Park/UN

Wasserversorgung durch das Militär in Old Dhaka, Bangladesh
Bild: © Kibae Park/UN

New York, 7. Mai (IPS) - Die UN-Arbeitsgruppe, die von den Vereinten Nationen mit der Formulierung der sogenannten Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beauftragt wurde, ist in die Kritik geraten. 77 Nichtregierungsorganisationen werfen ihr vor, das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung aus ihrem Entwurf herausgestrichen zu haben. Dieses Recht hatte die UN-Vollversammlung 2010 in einer Resolution bekräftigt.

In einem Protestschreiben erklärten namhafte Vereinigungen wie 'Biofuel Watch', 'Blue Planet Project', 'Corporate Accountability International' und die 'End Water Poverty Coalition', der Entwurf für die seit dem 5. Mai laufende Sitzung der Offenen Arbeitsgruppe (OWG) sei "zutiefst enttäuschend", weil man den Verweis auf das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung aus dem Dokument entfernt habe.

Angeführt und koordiniert wird der Protest von der 'Mining Working Group', einem Bündnis aus Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich für weltweite Menschen- und Umweltrechte einsetzt. Meera Karunananthan vom 'Blue Planet Project' erklärte gegenüber IPS: "Die Vereinten Nationen sollten sich nicht auf eine Entwicklungsagenda einlassen, die die Menschenrechte nicht fördert. Wir werden mit den Mitgliedstaaten sprechen, damit sie mit Blick auf die SDGs einen menschenrechtsorientierten Ansatz verfolgen."

Wie sie betonte, sind Wasser- und Sanitärversorgung zwar Bestandteile der Nachfolgeziele der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), doch fehle der Menschenrechtsansatz. Dieser sei aber wichtig, um marginalisierten Gruppen zu ihrem Recht zu verhelfen und eine Rechenschaftspflichtigkeit bei Verstößen zu gewährleisten. Schon bei den MDGs habe sich gezeigt, dass Ziele allein keine Garantie für deren Umsetzung seien, erklärte Karunananthan.

Esmee Russell, Kampagnenkoordinatorin von End Water Poverty, meinte gegenüber IPS, dass ihre Organisation die OWG dazu aufrufen werde, zu verhindern, dass das Rad der Geschichte zurückgedreht werde. Das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung müsse Eingang in sämtliche SDG-Ziele und -Indikatoren sowie in das SDG-Rahmenwerk finden.


Eigenes Wasser- und Sanitärziel gefordert

Die NGO-Koalition setzt sich zudem dafür ein, dass Wasser und Sanitärversorgung in der Post-2015-Agenda ein eigenes Ziel erhalten, um diesem wichtigen Entwicklungsaspekt zum Durchbruch zu verhelfen, nachdem dies im Rahmen der 2015 ablaufenden MDG-Agenda nicht gelungen ist.

Wie Russell betonte, haben bereits mehr als 50 Länder öffentlich ihre Unterstützung für ein eigenes Wasser- und Sanitärziel zugesagt. Man hoffe, dass sich noch mehr Staaten anschließen werden. Gleichzeitig seien sie jedoch besorgt, weil China, Indonesien und Kasachstan auf der letzten OWG-Sitzung vorgeschlagen hätten, die Wasser- und Sanitärversorgung mehr über den Zugang denn als Rechtsanspruch zu formulieren.

Der derzeitigen 11. Sitzung der OWG vom 5. bis 9. Mai werden nur noch zwei Sitzungen im Juni und Juli folgen, die möglicherweise bis Anfang nächsten Jahres fortgeführt werden müssen. Erwartet wird, dass die neuen SDGs dann auf einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im September 2015 angenommen werden.

Angesichts der großen Bedeutung, die Wasser innerhalb einer Vielzahl unterschiedlicher SDG-Bereiche zukommt, "ist es entscheidend, dass das Menschenrecht auf Wasser als zentrale Komponente in andere Schwerpunktbereiche einschließlich Energie, Nahrung, Gender und Klimawandel Eingang findet".

Derzeit haben 780 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zwei Milliarden Erdenbürger müssen ohne Sanitäranlagen auskommen. In dem Protestschreiben wird deshalb die Sanitärkrise als eine der größten humanitären Krisen bezeichnet. Jedes Jahr sterben 3,6 Millionen Menschen an den Folgen von Krankheiten, die vom Kontakt mit unsauberem Wasser herrühren.


Gerechtes Wassermanagement

"Außer dem Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung brauchen wir Ziele für ein adäquates und nachhaltiges Wasserressourcenmanagement, dem ebenfalls der Menschenrechtsansatz zugrunde liegen muss", meinte Karunananthan. Auch müsse gewährleistet sein, dass menschliche Bedürfnisse dem industriellen Wasserbedarf übergeordnet würden und nicht-kommerzielle Nutzer wie Subsistenzbauern und Landlose nicht zu kurz kämen.

Russell ist überzeugt, dass die NGO-Kampagne Erfolg haben wird. Wie sie gegenüber IPS erläuterte, haben mehr als 1,1 Millionen Menschen, von denen viele selbst keinen Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung haben, die Petition ihrer Organisation unterzeichnet. "Und wir hoffen, dass die Vereinten Nationen und die Mitgliedstaaten positiv auf eine so starke und klare Forderung von Bürgern reagieren werden." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/05/u-n-s-post-2015-agenda-skips-right-water-sanitation/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. Mai 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2014