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BERICHT/040: Neuer Report festigt Wissen zum Klimawandel an der Ostsee (idw)


Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung - 12.05.2015

Neuer Report festigt Wissen zum Klimawandel an der Ostsee

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht koordinieren internationalen Bericht zum Klimawandel an der Ostsee


Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Report zum Wissen über den Klimawandel im Ostseeraum "Second Assessment of Climate Change for the Baltic Sea Basin" (BACC II) stellt eine Neubearbeitung und Ergänzung des bereits 2008 erschienenen BACC-Buches dar.

"Der vorliegende Bericht für den Ostseeraum ist eine regionale Variante des vom Weltklimarat veröffentlichten IPCC-Reports zur globalen Klimaänderung", erläutert Prof. Dr. Hans von Storch, Leiter am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und Initiator des Berichts. An der umfassenden wissenschaftlichen Bestandsaufnahme waren 141 Wissenschaftler aus 12 Ländern beteiligt. Das Projektteam bestehend aus Meteorologen, Hydrologen, Ozeanografen und Biologen wurde federführend vom Internationalen Baltic Earth Sekretariat am Helmholtz-Zentrum Geesthacht koordiniert.

Erwärmung schreitet voran

Diese aktuelle Studie betrachtet die beobachteten Klimaveränderungen seit rund 200 Jahren sowie die von Computermodellen projizierten möglichen Änderungen bis 2100. Eine Erwärmung der Lufttemperatur im Ostseeraum lässt sich anhand von Messungen bereits nachweisen, sie ist saisonal und regional jedoch unterschiedlich. Am stärksten war die gemessene Erwärmung mit 1,5 Grad Celsius im nördlichen Ostseeraum in den Frühlingsmonaten zwischen 1871 und 2011 erkennbar. Dieser Wert liegt deutlich über der im letzten IPCC-Bericht dokumentierten globalen Erwärmung von bis zu 1 Grad Celsius.

Computersimulationen zeigen, dass die Lufttemperaturen im Ostseeraum am Ende dieses Jahrhunderts verglichen mit heute im Winter um 4 bis 8 Grad und im Sommer um 1,5 bis 4 Grad Celsius ansteigen könnten - je nach Modell. Für das Wasser der Ostsee zeigen die Simulationen einen möglichen Anstieg der Oberflächentemperatur von ca. 2 Grad, und bis zu 4 Grad Celsius speziell in den nördlichen Ostseebecken. Dieses mildere Klima würde dazu führen, dass die winterliche Eisbedeckung der Ostsee um möglicherweise 50 bis 80 Prozent abnimmt. Eine generelle Zunahme der Niederschläge speziell im Winter ist zu erwarten, wobei es im Sommer an den südlichen Küsten zu einer Abnahme um bis zu 40 Prozent kommen könnte. Jedoch lässt die Schwankungsbreite der verschiedenen Modelle keine präzise Vorhersage zu.

Der Anstieg des Meeresspiegels an der Ostsee ist eng an den globalen Meeresspiegel gekoppelt. Dies bedeutet für den Ostseeraum einen möglichen errechneten Anstieg von rund 30 bis 80 Zentimeter bis zum Ende des Jahrhunderts. Dieser Anstieg wird jedoch überlagert von dem geologischen Prozess der Landsenkung und -hebung: An den südlichen Küsten (Deutschland, Polen) werden ähnliche Anstiege wie global erwartet, im Norden werden diese jedoch teilweise von natürlicher Landhebung kompensiert. Jedoch muss mit den Abschätzungen der Computermodelle vorsichtig umgegangen werden: "Klimaszenarien sind plausible, aber oftmals vereinfachte Beschreibungen möglicher Zukünfte. Eindeutige Vorhersagen sind sie nicht", warnt Hans von Storch.

Ökosysteme im Wasser und an Land reagieren auf Veränderungen Ostseeküste

Der Klimawandel wirkt sich auf die Ökosysteme der Ostsee aus - an Land und im Wasser. Neben einer Erwärmung des Ostseewassers hätte eine erwartete Abnahme des Salzgehalts großen Einfluss auf die Ostseeflora und -fauna. Hiervon wäre das gesamte Ökosystem von Bakterien bis hin zu kommerziell genutzten Fischarten wie dem Dorsch betroffen. Allerdings kann zurzeit nicht zweifelsfrei vorhergesagt werden, ob und wie stark sich die Ostsee in der Zukunft aussüßen wird. Auch wird mit einer Ausdehnung der sauerstofffreien Zonen in einigen tiefen Becken der Ostsee aufgrund der fortschreitenden Überdüngung in Kombination mit einer Erwärmung gerechnet.

An Land wird die Vegetation durch gestiegene Temperaturen und erhöhte CO2 Verfügbarkeit wahrscheinlich üppiger und der Frühling kann früher einsetzen. Allerdings sind dem Pflanzenwachstum speziell in den landwirtschaftlich stark genutzten Regionen im Süden der Region durch eine eventuell zunehmende Trockenheit Grenzen gesetzt. "Den beobachteten Veränderungen in den Ökosystemen liegt ein Geflecht von Ursachen zugrunde, von denen der Klimawandel nur eine ist", sagt Dr. Marcus Reckermann, Leiter des Internationalen Baltic Earth Sekretariats am HZG, "Die wissenschaftliche Herausforderung wird sein, dieses Geflecht zu entwirren."

Wie schon 2008 bildeten auch diesmal die Ergebnisse des Berichts die Grundlage für den Bericht der Kommission zum Schutze der Meeresumwelt der Ostsee (HELCOM). "HELCOM ist die Schnittstelle zwischen der Wissenschaft und der Umweltpolitik der Ostseeanrainer, und der BACC Bericht liefert einen wichtigen Beitrag zur Informationsvermittlung in die Politik", sagt Marcus Reckermann. Weitere Berichte zum regionalen Klimawandel sind der bereits 2011 veröffentlichte Hamburger Klimabericht (der im Rahmen der Exzellenzinitiative CLISAP der Universität Hamburg erstellt wurde) und NOSCCA (North Sea Region Climate Change Assessment), der ebenfalls am HZG koordinierte Klimabericht über die Nordseeregion, der 2016 erwartet wird.

Der jetzt veröffentlichte zweite BACC Bericht wird auf der internationalen "European Climate Change Adapation Conference" ECCA 2015 am 14. Mai 2015 in Kopenhagen vorgestellt und von einem Gremium aus hochkarätigen Wissenschaftlern und Stakeholdern diskutiert.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.hzg.de/public_relations_media/news/058989/index.php.de

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news630890

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution120

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und
Küstenforschung, Dr. Torsten Fischer, 12.05.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2015

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