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FORSCHUNG/800: Warum Klimaschutz in Schwellenländern schwer in Gang kommt (idw)


Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH - 12.11.2019

Warum Klimaschutz in Schwellenländern schwer in Gang kommt


Das im Weltklimaabkommen von Paris 2015 verabredete Ziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, stellt viele ärmere Länder vor ein Dilemma: Treibhausgas-Emissionen begrenzen oder Armut verringern? Denn bisher lieferte in der Regel der Ausbau der Kohlewirtschaft einen entscheidenden Impuls für Industrialisierung und Wohlstand. Die Vorstellung, man müsse im Süden der Erdhalbkugel jetzt einfach nur überall Windräder und Solarzellen aufstellen, "ignoriert die historische Bedeutung und die einzigartigen Spillover-Efekte von kohlebasierten Technologien".

Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftlern, überwiegend vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Institute on Global Commons and Climate Change), in einem Beitrag für die renommierte Fachzeitschrift Nature Energy. In dem Beitrag wird statistisch belegt, dass das Muster der wirtschaftlichen Entwicklung über Jahrhunderte recht konstant war: Ab einem bestimmten Punkt setzten Länder massiv auf Kohle - und in der Folge gab es zwar Schäden für die Umwelt und auch soziale Spannungen, aber letztlich auch einen massiven Wohlstandsanstieg.

Der empirische Zusammenhang ist bis heute sichtbar, etwa in China, Indonesien oder Vietnam. "Kohle war bisher nicht nur als billiger und reichlich verfügbarer Energieträger wichtig", betont Matthias Kalkuhl, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung und einer der Autoren des Beitrags. "Die Nutzung der Kohle löste auch grundlegende Investitionen in Transportwege aus, etwa Kanäle oder Eisenbahnlinien, die anschließend die Transportkosten senkten, Märkte vergrößerten und die Produktivität erhöhten."

Vor diesem Hintergrund, so das Fazit, sei eine Gigawattstunde aus erneuerbaren Quellen womöglich nicht das Gleiche wie eine Gigawattstunde aus Kohlestrom. "Ein erfolgreicher weltweiter Kohleausstieg erfordert neue Konzepte von Industrialisierung", sagt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und ebenfalls einer der Autoren. "Das ist ein wichtiges, noch spärlich beackertes Feld der wissenschaftlichen Forschung - und es lässt sich schon skizzieren, wohin die Reise geht: gezielte Investitionen in die Infrastruktur, ökonomische Anreize für emissionsarme Technologien und die Bepreisung des Klimagases CO2."

Originalpublikation:
Kalkuhl, M., Steckel, J., Montrone, L., Jakob, M., Peters, J., Edenhofer, O., 2019, Successful coal phase-out requires new models of development, Nature Energy
https://www.nature.com/articles/s41560-019-0500-5

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mcc-berlin.net

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news726877
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1851

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH - 12.11.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2019

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