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FORSCHUNG/539: Düngung und Mulchsaat optimieren Wasserverbrauch im Weizenanbau (idw)


Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei - 19.09.2018

Klimawandel: Düngung und Mulchsaat optimieren den Wasserverbrauch im Weizenanbau

Experimente des Thünen-Instituts zeigen, wie Landwirte sich die erhöhte CO2-Konzentration in der Luft für den Pflanzenbau zunutze machen können


Der trockene Sommer 2018 hat die Frage aufgeworfen, wie sich Ackerbauern auf extreme Witterungsbedingungen, die im Zuge des Klimawandels häufiger zu erwarten sind, künftig einstellen können. Aufwendige Freilandversuche des Braunschweiger Thünen-Instituts für Biodiversität haben hier für den Anbau von Winterweizen wertvolle Hinweise ergeben.


Foto: © Thünen-Institut/Remy Manderscheid

Freiland-CO2-Anreicherungsanlage (FACE-System) in Braunschweig: Innerhalb der von vertikalen Ausströmrohren begrenzten Ringfläche kann die CO2-Konzentration dauerhaft erhöht werden.
Foto: © Thünen-Institut/Remy Manderscheid

Hauptverursacher des Klimawandels ist die erhöhte CO2-Konzentration in der Luft. CO2 ist ein wichtiger Nährstoff für alle Pflanzen. Ein Anstieg fördert bei vielen Pflanzenarten die Photosynthese und kann so die Erträge steigern. Mehr CO2 verringert auch die Transpiration, das heißt die Wasserabgabe durch die Blätter. Dies könnte dazu führen, dass die Pflanzen in Zukunft regenarme Phasen besser überstehen können. Soweit die Theorie.

Praktisch hängt der Wasserverbrauch eines Pflanzenbestandes aber nicht nur von der Transpirationsmenge pro Blatt ab, sondern auch von der Gesamtblattfläche und der Evaporation, also der Wasserabgabe aus dem Boden. Wie sich das komplexe Wirkungsgefüge zwischen CO2-Erhöhung, Transpiration der Pflanzen und der Boden-Evaporation ausprägt, haben Wissenschaftler des Thünen-Instituts mit Hilfe einer großflächigen Freiland-CO2-Anreicherungsanlage genauer untersucht. In dem Versuch wurde über die gesamte Vegetationsperiode die CO2-Konzentration in Teilen eines Winterweizenfeldes künstlich erhöht, und zwar auf rund 600 ppm, das sind etwa 200 ppm mehr als heutzutage (FACE-Experiment). Ein solcher Wert ist nach den Szenarien des Weltklimarats in 50 bis 100 Jahren zu erwarten.

Bei sehr niedriger Stickstoffdüngung, die lückige Bestände zur Folge hat, konnte keine Ersparnis im saisonalen Wasserverbrauch beobachtet werden. Bei hoher Stickstoffdüngung, und daraus resultierend dichten Beständen betrug die Ersparnis bis zu 15%. Verantwortlich für diese Unterschiede ist die Evaporation. Ihr Anteil am Wasserverbrauch eines Weizenbestandes von April bis Juli beträgt ca. 10% bei dichten Beständen und kann bei lückigen Beständen mit geringer Bodenabschattung auch Werte von 40 bis 50% erreichen.

Die erhöhte CO2-Konzentration verringert die Transpiration der Pflanzen, dies führt zu einer höheren Bodenfeuchte im Oberboden. Die Boden-Evaporation kann diesen positiven Effekt aber zunichtemachen. Wenn der Boden nur gering beschattet ist, verdunstet mehr Wasser aus dem Boden. Das bedeutet: Bei einer CO2-Erhöhung entscheidet die Düngung bzw. die Dichte des Bestandes darüber, ob das durch die geringere Transpiration eingesparte Wasser gleich durch eine stärkere Evaporation "vergeudet" wird oder im Boden verbleibt und der Pflanze so in späteren regenarmen Phasen zur Verfügung steht.

Die gleichzeitige Förderung der Photosynthese und die Reduktion der Transpiration durch mehr CO2 steigert die Biomasseproduktion pro verbrauchte Wassermenge. Dieser Effekt beträgt bei dichten Beständen mehr als 30%, bei lückigen Beständen hingegen nur 20%.

Dieser positive CO2-Effekt auf den Gaswechsel der Pflanze lässt sich gezielt für das Pflanzenwachstum nutzen. Agrarwissenschaftler Dr. Remy Manderscheid: "Nach unseren Ergebnissen erscheint es wenig sinnvoll, die Düngung und damit die Bestandsdichte zu verringern, um so den Wasserverbrauch zu reduzieren und die Landwirtschaft an trockenere Bedingungen anzupassen. Auch wenn das derzeit in regenarmen südlichen Regionen so praktiziert wird. Denn in dichten, gut beschatteten Beständen ist die Wassernutzungseffizienz am größten und der positive CO2-Effekt kann voll wirksam werden." Für vielversprechend hält Manderscheid auch Verfahren, die geeignet sind, die Boden-Evaporation gering zu halten, wie beispielsweise das Mulchsaatverfahren, das schon heute häufig dazu eingesetzt wird.

Originalpublikation:
Die Ergebnisse wurden veröffentlicht im Fachjournal "Agricultural Water Management": Manderscheid R., et al. (2018): Nitrogen supply - A determinant in water use efficiency of winter wheat grown under free air CO2 enrichment.
https://doi.org/10.1016/j.agwat.2018.07.034

Die Untersuchungen wurden finanziell unterstützt durch die DFG.


Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.thuenen.de/de/thema/klima-und-luft/experimentelle-klimawirkungsforschung/wie-das-face-experiment-funktioniert/
- Video über das FACE-Experiment in Braunschweig (8:51 min)

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news702426

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1208

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für
Ländliche Räume, Wald und Fischerei - 19.09.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2018

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