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GENTECHNIK/1026: EU Anbauzulassung von Gentechnik Mais verhindern (BN)


BUND Naturschutz in Bayern e.V. - München, 14. November 2016

EU Anbauzulassung von Gentechnik Mais verhindern

Bundes-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt darf kein Doppelspiel betreiben und Gentech-Anbauzulassungen durchwinken


Der BUND Naturschutz in Bayern fordert von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt endlich eine klarere Haltung zur Verhinderung des Gentechnikanbaus in Deutschland und Europa. In den kommenden Wochen stehen die nächsten Entscheidungen an: Auf EU Ebene soll über die Anbauzulassung von drei gentechnisch veränderten Maislinien abgestimmt werden. "Deutschland, und hier speziell Landwirtschaftsminister Schmidt, Abgeordneter der Wahlkreise Neustadt/Aisch und Fürth, kann mit einem klaren Nein in der EU-Abstimmung mit dafür sorgen, dass der Gentechnikanbau in Europa eingeschränkt bleibt", so Martha Mertens, Sprecherin des BN Arbeitskreis Gentechnik des BN.

Voraussichtlich noch im November 2016 soll auf EU Ebene über die Anbauzulassung von zwei gentechnisch veränderten Maislinien, Bt11 der Firma Syngenta und 1507 der Firma Pioneer, und die Wiederzulassung des MON810 Mais der Firma Monsanto entschieden werden. Das Kalkül aus Brüssel liegt auf der Hand: Die EU-Kommission will den Agrogentechnik-Konzernen entgegenkommen und quasi als "Gegenleistung" für die Möglichkeit nationaler Anbauverbote neue Anbaugenehmigungen von Gentechnikpflanzen für ganz Europa durchsetzen. "Kämen diese Neuzulassungen, so ist mit weiteren Anträgen auf Anbauzulassung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der EU zu rechnen. Nationale Anbauverbote sind zwar laut EU-Recht möglich, die Bundesregierung will aber GVO-Anbauverbote in Deutschland offenbar erschweren - auch wenn sie gerne das Gegenteil behauptet", so Mertens.

Landwirtschaftsminister Schmidt ist zudem aufgerufen, den Entwurf für die Novellierung des deutschen Gentechnikgesetzes entscheidend zu verbessern. "Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung einerseits behauptet, den GVO-Anbau nicht zu wünschen, den Gesetzentwurf aber so gestaltet, dass ein bundesweites Anbauverbot künftig praktisch nicht zu erreichen ist", so Mertens. Genmaisanbau - die Fakten

Derzeit findet der Anbau von MON810 Mais, der einzigen derzeit in der EU zum Anbau zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanze, auf ca. 117.000 ha in der EU statt. Das entspricht einem Anteil von ca. 0,11% der EU Ackerfläche von 108 Mio ha. Angebaut wird der Gentech-Mais hauptsächlich in Spanien und Portugal, in geringem Umfang noch in Tschechien und der Slowakei. Sein Anbau Mais ist in verschiedenen EU-Ländern jedoch verboten, seit 2009 auch in Deutschland. Wegen der Risiken der insektenresistenten Maislinien für die Umwelt haben sich Deutschland und 18 andere EU-Mitgliedstaaten 2015 auch gegen den Anbau der anderen zwei Gentech-Maislinien - Bt11 (Syngenta) und 1507 (Pioneer) - auf ihren Territorien ausgesprochen.

Alle drei Gentech-Maislinien sind resistent gegen Schadschmetterlinge wie den Maiszünsler und erhielten zu diesem Zweck ein Gen aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis, das zur Bildung eines sogenannten Bt-Toxins führt. Bt11- und 1507-Maispflanzen besitzen neben der Insektenresistenz noch eine Resistenz gegen das Breitbandherbizid Glufosinat von Bayer.

"Es gibt in Europa ausreichend viele und für alle Klimaansprüche geeignete Maissorten, auch für uns hier in Mittelfranken. Die Zulassung neuer gentechnischer veränderter Maislinien ist ein unnötiges Risiko, das die Umsätze der Agrarkonzerne erhöhen soll, für Verbraucher, Umwelt und Landwirtschaft, und gerade auch für Imker keinerlei Vorteile bringt", so Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin.

"Wir wollen keine neuen Risiken für unsere Bienen, die von den Agrargiften und dem mangelnden Nektar- und Pollenangebot bereits geschwächt sind, betonen auch Matthias Rühl und Werner Zurwesten, Imker aus dem Landkreis Neustadt/Aisch.

Dagmar Nitsche, Geschäftsführerin der BN Kreisgruppe Neustadt/Aisch, wies auf die vielen gemeinsamen Veranstaltungen eines Netzwerks von Landwirten, Imkern und dem BUND Naturschutz hin, die zeigten, dass Gentechnikanbau im Landkreis viele Gefahren berge und deswegen unerwünscht sei. "Minister Schmidt sollte die Interessen der Menschen in seinem Wahlkreis vertreten, und nicht die von Gentechnikkonzernen", wünscht sich Nitsche. Der Stadtrat von Neustadt Aisch hat bereits im Jahr 2000 den Beschluss gefasst, auf kommunalen Flächen gentechnisch verändertes Saatgut auszuschließen. Risiken der Gentech-Maislinien

Der Anbau der insektenresistenten Maislinien gefährdet die Artenvielfalt. Die in den insektenresistenten Pflanzen gebildeten Bt-Toxine töten nicht nur den Maiszünsler, sondern wirken auch gegen Schmetterlinge, die keine Schädlinge sind oder sogar zu geschützten Arten gehören. Die Bt-Toxine werden von den Bt-Pflanzen ausgeschieden und gelangen mit Pflanzenmaterial in den Boden und Gewässer und können dort über längere Zeit auf eine Vielzahl von Organismen wirken. Von Insekten und im Boden oder Wasser lebenden Tieren, wie Regenwürmern oder Larven von Köcherfliegen, können sie aufgenommen und über die Nahrungskette weiter gegeben werden. Eine besondere Gefährdung geht von Bt-Maispollen aus, da Maispollen durch den Wind über Kilometer verbreitet wird und sich auch auf weiter entfernt wachsenden Pflanzen ablagern kann. Nehmen beispielsweise Larven des Tagpfauenauges die auf ihrer Nahrungspflanze abgelagerten Bt-Toxin-haltigen Pollenkörner auf, können sie ernsthaft geschädigt werden. Die Maislinie 1507 birgt ein noch höheres Risiko als MON810 Mais, da hier der Bt-Toxingehalt im Pollen 350fach höher ist als beim MON810 Mais. MON 810 wurde aber in Deutschland 2009 gerade mit Verweis auf die Gefährdung von sog. "Nichtzielorganismen" (wozu Schmetterlinge wie Tagpfauenauge und Schwalbenschwanz gehören) verboten.

Der Anbau von Gentech-Mais gefährdet auch die bäuerliche Landwirtschaft und die Imkerei, lässt sich doch die Koexistenz zwischen GVO-Anbau und herkömmlichem und biologischem Anbau nicht sicherstellen. GVO-Auskreuzung in andere Maisbestände auch über größere Distanzen ist zu erwarten, wie die Anbauversuche früherer Jahre in Deutschland und anderen Ländern gezeigt haben. Eintrag von Gentech-Pollen in Honig und Bienenprodukte ist in Ländern mit GVO-Anbau die Regel. Deshalb haben sich neben Umwelt- und Verbraucherverbänden auch Landwirtschafts- und Imkerverbände gegen den Anbau von Gentech-Mais ausgesprochen. Die mit dem Anbau von Gentech-Pflanzen verbundenen Risiken für Umwelt, Gesundheit und bäuerliche Landwirtschaft haben 2009 auch die Bayerische Staatsregierung bewogen, sich gegen den GVO-Anbau im Freistaat zu wenden. Das CSU-Mitglied Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt ist deshalb aufgefordert, diese ablehnende Haltung auch in Brüssel zu vertreten und gegen eine Anbauzulassung der drei Maislinien zu stimmen.

Minister Schmidt muss darüber hinaus auch den Entwurf für die Änderung des Gentechnikgesetzes entscheidend verbessern

Der von der Bundesregierung am 02. 11. 2016 beschlossene Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum sogenannten "opt-out" (nationale GVO-Anbauverbote werden durch EU-Recht möglich) ist nicht geeignet, Deutschland dauerhaft frei vom GVO-Anbau zu halten, da offenbar bewusst sehr hohe Hürden für ein Verbot eingebaut werden sollen und die Bundesregierung zudem die Verantwortung für Verbote auf die Länder abschieben will. Flickenteppiche von GVO-Anbauverboten dürfen nicht entstehen!


Anhang: Zahlen zum Gentechnikanbau in Europa aus:
http://www.keine-gentechnik.de/dossiers/anbaustatistiken/#c191

In der Europäischen Union (EU) ist seit 1998 der gentechnisch veränderte Mais 810 zum kommerziellen Anbau zugelassen. In mehreren EU-Ländern darf der Gentechnik-Mais trotzdem nicht angebaut werden: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Österreich, Polen, Bulgarien und Ungarn. Die Gentech-Kartoffel flora" durfte von 2010 bis 2013 angebaut werden - im Dezember 2013 wurde die Zulassung vom Gericht der EU siert. Einen Anbau gab es seit 2011 ohnehin nicht mehr. Die GVO-Anbaufläche in der EU geht aber zurück, da sich die Erwartungen der Landwirte (z. B. in Spanien) nicht wirklich erfüllen.


https://www.bund-naturschutz.de/uploads/tx_news/PM-102-Nein-zu-Gentechnikmais-auch-auf-EU-Ebene-gefordert_LW.pdf

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Quelle:
Presseinformation, 14.11.2016
Herausgeber:
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg
Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
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Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2016

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