Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

AGRARINDUSTRIE/102: Anhaltende Missstände in der NRW-Putenhaltung (BUND NRW)


BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. - 17. März 2014

BUND-Recherche zeigt anhaltende Missstände in der NRW-Putenhaltung

10 Jahre Stillstand beim Tierschutz - Schnabelkürzen ist 'Normalfall' - Fragwürdiges Behördenhandeln



Düsseldorf - 17.03.2014 / "Fast alle Puten in NRW werden in nicht tiergerechter Intensivmast gehalten. Dies bedeutet durchweg zu enge Ställe, fehlender Auslauf für die Tiere und ein Kürzen der Schnäbel", so das Ergebnis einer erneuten Recherche des NRW-Landesverbandes des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) zur Situation in den Putenmastanlagen im Lande. Bereits in den Jahren 2003 und 2008 hatten BUND-Recherchen gravierende Missstände aufgezeigt. "Seit mehr als 10 Jahren fordern wir die Einführung klarer, rechtsverbindlicher Mindeststandards für die Putenhaltung und die Beendigung des Schnabelkürzens", so Holger Sticht, Landesvorsitzender des BUND NRW. Die neue Recherche zeige, dass trotz langjährig bekannter und von den Kreisveterinären immer wieder benannter haltungs- und zuchtbedingter Gesundheitsschäden und Eingriffen an den Puten beim Tierschutz Stillstand herrsche.

"Besonders problematisch ist die unverändert hohe Besatzdichte in den Ställen", so Ralf Bilke, Agrarreferent des BUND NRW und Autor der Studie. "Viel zu viele Tiere auf engem Raum und eine Extremzucht mit völlig unnatürlicher, schneller Gewichtszunahme führen dazu, dass die an sich lauffreudigen Tiere in der Endphase der Mast immer länger und dicht beieinander am Boden liegen. Die Einstreu kann dann kaum noch gewechselt werden und verkotet; die Tiere Bepicken sich in Folge der Monotonie oft gegenseitig und fügen sich dabei Verletzungen zu." Weitere Folge seien schmerzhafte Skelettkrankheiten.

Dass nach Auskunft der Behörden fast allen Puten die Schnäbel gekürzt werden, stelle den Mästern, die diese Verstümmelung der Tiere billigend in Kauf nehmen, ein 'Armutszeugnis' aus. Der BUND sieht in dieser Praxis eine systematische Aushöhlung des Tierschutzgesetzes, das diesen Eingriff grundsätzlich untersagt und nur für begründete Ausnahmefälle befristet zulässt. "Seit mehr als 10 Jahren beobachten wir, dass der Ausnahmefall zum Regelfall wird - ermöglicht durch ein fragwürdiges Vorgehen der Veterinärbehörden bei der Erteilung von Erlaubnissen", so Bilke.

Der BUND fordert den neuen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt dazu auf, nun zügig die Versäumnisse seiner Amtsvorgänger zu beheben und die Putenhaltung in die Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung des Bundes aufzunehmen, so wie es für Masthühner und Schweine seit Jahren der Fall ist, und legt dazu eigene Eckpunkte vor. 'Qualzuchten' wie die zumeist eingesetzte Pute 'BIG 6' müssten verboten werden. Der BUND ruft NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel dazu auf, die Praxis der Kreisveterinärämter bei der Erteilung von Erlaubnissen zum Schnabelkürzen zu überprüfen und in einem Erlass dazu klare Vorgaben zu machen. Der BUND begrüßt ausdrücklich den Beschluss des NRW-Landtags, der die Landesregierung dazu auffordert, die Haltungsbedingungen für Puten auf Landes- wie Bundesebene zu verbessen und das Schnabelkürzen einzudämmen. Ebenso begrüßt der BUND die laufenden Untersuchungen des Landes zum Antibiotikaeinsatz in den NRW-Putenmastbetrieben.


Hinweis:

Bei seiner Recherche wandte sich der BUND an jene 12 Kreise in NRW mit der größten Anzahl an Putenmastanlagen und erfasste dabei die Haltungsbedingungen von rund 80 bis 90 Prozent der in NRW gehaltenen Mastputen. Abgefragt wurden die Haltungsbedingungen in den Kreisen Kleve, Warendorf, Borken, Gütersloh, Wesel, Coesfeld, Soest, Steinfurt, Euskirchen, Paderborn sowie im Hochsauerland-Kreis und Rhein-Erft-Kreis.


Das Hintergrundpapier "Putenhaltung in NRW - Ergebnisse einer BUND-Recherche 2013/2014"
http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Landwirtschaft_Gentechnik/2014_03_BUNDhintergrund_Putenhaltung_in_NRW_2013_.pdf

*

Quelle:
Presseinformation, 17.03.2014
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/30 20 05-22, Fax: 0211/30 20 05-26
Redaktion: Dirk Jansen, Pressesprecher
E-Mail: dirk.jansen@bund.net
Internet: www.bund-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2014