Naturschutz aktuell - NABU-Pressedienst Brandenburg, 16.05.2019
NABU legt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein
Verwaltungsgericht lehnt Stopp der Befliegungsaktion aus formalen Gründen ab
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2019 abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des NABU Brandenburg gegen die Befliegungsaktion des Landesforstbetriebs wiederherzustellen.
Im Landkreis Potsdam-Mittelmark wird derzeit von Hubschraubern das Totalinsektizid "Karate Forst flüssig" auf 6.500 Hektar versprüht. Als Totalinsektizid vernichtet es nicht nur die Nonnenraupen, sondern viele weitere Insektenarten, auch die Gegenspieler der Schädlinge und letztendlich auch die Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse. Auch für den Menschen selbst kann keine Unbedenklichkeit des Mittels bescheinigt werden.
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass durch die Ausbringung des Totalinsektizids umweltbezogene Rechtsvorschriften betroffen sind. Es spricht dem NABU aber die prozessuale Antragsbefugnis ab. Der NABU ist eine anerkannte Umweltvereinigung und kann deshalb die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften bei Behörden und Gerichten geltend machen. Das Verwaltungsgericht begrenzt aber die Antragsbefugnis des NABU auf umweltbelastende 'Vorhaben', also im wesentlichen die Errichtung und den Betrieb einer technischeren Anlage. Trotz der umweltrelevanten Auswirkungen erfülle die Ausbringung des Totalinsektizids durch Hubschrauber nicht den Begriff des 'Vorhabens'.
"Wir haben die schwerwiegenden Auswirkungen des Totalinsektizids 'Karate Forst' auf Insekten und Vogelwelt nachgewiesen und können dies bereits jetzt im Befliegungsgebiet erleben. Wir sind sehr enttäuscht, dass das Verwaltungsgericht nicht bereit war, in der Sache zu entscheiden und sich allein auf eine rein formale und nach unserer Ansicht falsche Rechtsprüfung beschränkt hat. Gegen die Entscheidung haben wir noch gestern Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt", erklärt Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg.
In der vom Fachanwalt für Umweltrecht Thorsten Deppner eingelegten
Beschwerde wird begründet, dass das Gericht geltendes internationales
Recht verengend und damit falsch auslegt. Der Bundesgesetzgeber habe
die Aarhus-Konvention, die gerade den Zugang zu den Gerichten für
Umweltverbände in Umweltangelegenheiten sicherstellen soll, in
nationales Recht umgesetzt. Die Aarhus-Konvention ermöglicht es den
Umweltverbänden, nicht nur gegen 'Vorhaben', sondern gegen alle
umweltbelastende 'Handlungen' - auch das Ausbringen von
Pflanzenschutzmitteln und dessen Genehmigung - vorzugehen.
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Naturschutz aktuell - NABU-Pressedienst Brandenburg, 13.05.2019
NABU vertieft Begründung gegen Gifteinsatz im Wald
Fotos zeigen schon verheerende Auswirkungen
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat in einer Zwischenverfügung am
Freitag letzter Woche die Ausbringung des Totalinsektizids 'Karate
Forst flüssig' nur in Schutzgebieten untersagt und die weitere
Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für diese Woche
angekündigt. Der NABU Brandenburg hat über seinen Anwalt Thorsten
Deppner die Begründung seines Antrags, die Ausbringung des
Totalinsektizids zu untersagen, vertieft. Er hat Fotos aus Bereichen
vorgelegt, die schon vom Hubschrauber aus mit dem Gift besprüht worden
sind. Auf den Waldwegen sind viele toten Insekten zu sehen. Dies
belegt nach Auffassung des NABU, dass 'Karate Forst' seine befürchtete
verheerende Wirkung zeigt.
In dem Schriftsatz an das Gericht macht der NABU auch deutlich, dass der Landesforstbetrieb die gute fachliche Praxis des Pflanzenschutzes nicht einhält. Vorbeugende Maßnahmen durch Waldumbau wurden nicht verwirklicht und die ökologische Tragfähigkeit der betroffenen Lebensräume durch den Einsatz eines nicht zielartenspezifischen Breitbandinsektizid überschritten. Das Handeln des Landesforstbetriebes sei vielmehr einseitig darauf ausgerichtet, die wirtschaftlichen Verluste für die Waldbesitzer auszuschließen. Dabei wurden die ökologischen Anforderungen klar vernachlässigt.
Um allen prozessualen Möglichkeiten gerecht zu werden, hat der NABU nun zusätzlich auch den Landesforstbetrieb selbst gerichtlich auf sofortige Unterlassung der Ausbringung des Insektizids in Anspruch genommen. Damit wird der schon vorliegende Antrag auf sofortige Aussetzung der Wirksamkeit des Zulassungsbescheides ergänzt. Auch dieser Antrag wird mit den Verstößen gegen das Naturschutzrecht und das Pflanzenschutzgesetz begründet.
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Quelle:
Pressedienst, 13.+16.05.2019
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2019
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