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SPORT/018: Das Geschäft mit dem Schnee (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München, 22. April 2015

Das Geschäft mit dem Schnee

Ruinöser Wettbewerb im Skisport: viele Verlierer, wenige Gewinner: Neue Studie von BN und Gesellschaft für ökologische Forschung zeigt aktuelle Entwicklungen und die Verflechtungen einer internationalen Wintersport-Industrie auf


Die Skisaison 2014/15 ist in den meisten Skigebieten beendet, Zeit Bilanz zu ziehen. Im wichtigen Monat Dezember gab es einen chronischen Mangel an Schnee, zum Jahreswechsel gefallener Schnee taute schnell wieder weg. Es war auch zu warm, um zu beschneien. Allein innerhalb des Jahres 2014 ist die beschneite Fläche in Bayern um 117 ha angestiegen. Das ist die bislang höchste Zunahme binnen eines Jahres. Zudem wurden extrem umstrittenen Projekte wie der Ausbau des Sudelfeldes realisiert und am Riedberger Horn versucht man, die Zone C des Alpenplanes aufzuweichen.

"Das erinnert an Torschlusspanik, obwohl völlig klar ist, dass die bayerischen Kommunen diesen ruinösen Wettbewerb eh nicht gewinnen können", resümiert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) "Der Klimawandel wird ignoriert und Natur weiter zerstört, obwohl sie die Grundlage jeglichen Tourismus in den Alpen ist. Die Kommunen brauchen aber Tourismus-Konzepte, die ohne Schnee auskommen, die die regionalen Besonderheiten betonen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken. Je mehr sie jetzt in Schneekanonen investieren, desto mehr fehlt ihnen das Geld für diese Konzepte. Denn den Profit mit den Schneekanonen machen andere, nicht die Kommunen." Das habe die neue Studie von BN und Gesellschaft für ökologische Forschung mit der umfangreichen Analyse von Gewinnern und Verlieren deutlich gezeigt. "Wir fordern daher von der bayerischen Staatsregierung, keine weiteren Steuergelder für die künstliche Beschneiung auszugeben und stattdessen die Kommunen beim natur- und klimaverträglichen Tourismus deutlich stärker zu unterstützen."

Der Klimawandel führt gerade in den Alpen zu immer deutlicheren Wetter-Extremen. Dagegen hilft auch Kunstschnee nicht. Viele Tourismus-Gemeinden sehen im Kunstschnee die Rettung, während Tourismus-Experten zunehmend einen schneeunabhängigen und vielfältig aufgestellten Tourismus als einzig sinnvolle Reaktion empfehlen. Der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) und die Gesellschaft für ökologische Forschung haben nun in einer umfangreichen Studie die Entwicklung der künstlichen Beschneiung in den Alpen und deren Gewinner und Verlierer analysiert.

Autorin Sylvia Hamberger, Gesellschaft für ökologische Forschung, kritisiert v.a. die zunehmende Diskrepanz zwischen Klimaschutz bzw. abnehmendem gesellschaftlichem Stellenwert des Skifahrens und zunehmendem Einsatz von Steuergeldern und technischem Aufwand: "Klimawandel und weniger Skifahrer - aber der Kunstschneeausbau wird mit Steuergeldern gefördert. Inzwischen lehnen über 60 Prozent der bayerischen Bevölkerung die künstliche Beschneiung ab. Das sollte die Politik ernst nehmen." Ernst nehmen sollte die Politik auch die in der Studie erstmals umfänglich aufgezeigten Verflechtungen von wenigen Firmen, Konzernen, Gutachtern und Skigebietsbetreibern, die am "Geschäft mit dem Schnee" gut verdienen. "Hier sind mittlerweile internationale Großstrukturen und -industrien entstanden, die über die Alpen entscheiden. Dieses wenig sichtbare Geschäft verzögert den Prozess des Umdenkens. Die Firmen verdienen sicher. Viele Projekte, die wenig Sinn machen und schon heute unwirtschaftlich wären, werden mit Steuergeldern subventioniert und dann doch realisiert."

"Schneekanonen vermitteln das Gefühl man könne den Winter zurückkaufen und weitermachen wie bisher", kritisiert Autor Axel Doering, Sprecher des Bund Naturschutz Arbeitskreises Alpen und Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen, die Aufrüstungswelle in den Alpen. "Sie verzögern den notwendigen Strukturwandel, weg vom schneegebundenen Wintersport. Bei weiterer Erwärmung wird man weiter aufrüsten, dann werden die Kosten immer höher und man wird beginnen einzelne Abfahrten nicht mehr zu beschneien. Es wird sich immer weniger rechnen und irgendwann wird in den tieferen Lagen das Skifahren eingestellt. Die massiven Ausbauten, mit ihrem schnellen Wasserabfluss, schaffen, sehenden Auges, die Probleme und die Sanierungsflächen von morgen."

"Die Dokumentation über den "gekauften Winter" liefert eine Zusammenschau der Ausbreitung, der Akteure und der Auswirkungen des künstlichen Schnees, wie es sie bisher nicht gab", bedankte sich Erwin Rothgang, Präsident von CIPRA Deutschland: "Dafür verdienen die Autoren große Anerkennung. Die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung können dieses kostenlos bereitgestellte Wissen nutzen, zukünftig falsche, die Bekämpfung des Klimawandels konterkarierende Entscheidungen und Entwicklungen zu vermeiden. Die Planungen am Sudelfeld und am Riedberger Horn sind für die Umweltverbände aktuelle Prüfsteine für eine solche Neuausrichtung der bayerischen Alpenpolitik."



weitere Informationen:

Studie "Der gekaufte Winter":
http://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/download/pressedokumente/2015/PM_FA_10_15_Der_gekaufte_Winter_19-4-2015_final__1_.pdf

Zusammenfassung:
http://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/download/pressedokumente/2015/PM_FA_10_15_Zusammenfassung_Der_gekaufte_Winter.pdf

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Quelle:
Presseinformation, 22.04.2015
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg
Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
E-Mail: info@bund-naturschutz.de
Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2015

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