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SCHUTZGEBIET/772: Serrahn - Weltnaturerbe im Müritz-Nationalpark (NATURMAGAZIN)


naturmagazin
Berlin - Brandenburg
Ausgabe 2/2013

Serrahn - Weltnaturerbe im Müritz-Nationalpark
Wie natürliche Vielfalt (Biodiversität) ohne menschliche Pflege erhalten bleibt

von Hans-Jürgen Spieß und Jürgen Herrmann



2011 verlieh die UNESCO den jahrhundertealten Buchenwäldern um Serrahn das Prädikat Weltnaturerbe. Der Titel stellt diesen Teil des Müritz-Nationalparks auf eine Stufe mit so bedeutenden Landschaften wie den Galapagosinseln, dem Baikalsee oder dem Yellowstone-Nationalpark.


Die Serrahner Wälder dienten seit Mitte des 19. Jahrhunderts den Großherzögen von Mecklenburg-Strelitz als Wildpark und Jagdgebiet. Daher fand nur eine eingeschränkte forstliche Nutzung statt, so dass der alte Buchenbestand erhalten blieb. In der DDR wurde er Teil eines Naturschutzgebietes und große Teile wurden nicht bewirtschaftet. Heute gehört der urige Buchenwald zum Müritz-Nationalpark. Hier stehen mächtige Baumriesen neben jungen, dem Licht entgegen strebenden Buchen. Gewaltige Stämme liegen am Boden und werden zum Lebensraum einer vielfältigen Artengemeinschaft. Der Wald gehört zu den ältesten und größten ungenutzten Wäldern Deutschlands und vermittelt einen Eindruck vom Aussehen der längst vergangenen Urwälder, die einst unser Land bedeckten.

So urtümlich der Serrahner Buchenwald mit seinen alten Bäumen, aufrecht stehenden Baumruinen und dem hohen Totholzanteil, seinen zahlreichen Sümpfen, Mooren und Seen auch wirkt, so sind auch viele seiner Bewohner echte Urwaldrelikte, die in der modernen Kulturlandschaft Mitteleuropas außerhalb von Nationalparks kaum noch Lebensräume vorfinden. Schwarzstorch, Fisch- und Seeadler, Schreiadler, dazu fünf jeweils auf besondere Wald- und Baumstrukturen spezialisierte Spechtarten, Zwergschnäpper und eine Vielzahl von Totholz bewohnenden Insekten- und Pilzarten - sie alle sind ein ökologisches Qualitätssiegel für Buchenwälder, die sich jahrhundertelang auf natürliche Weise entwickeln konnten. Aus den forstwirtschaftlich genutzten Buchenbeständen sind viele dieser Urwaldanzeiger verschwunden. Das Erlebnis der alten Buchenwälder von Serrahn ist ein beeindruckendes Beispiel für die Biodiversität dieser Waldform. Die nach modernen Gesichtspunkten der Holzgewinnung bewirtschafteten Forsten ermöglichen keinen Eindruck von der Biodiversität der natürlich sich entwickelnden Wälder. Die Arten- und Strukturvielfalt der alten Buchenwälder bei Serrahn sollte man einfach mal erleben.

Vor 40 Jahren war es für große Teile der Fachwelt in Deutschland noch unvorstellbar, dass sich ein Wald selbst erhält, wenn man die Nutzung und Pflege mit Axt und Säge einstellt. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass in Deutschland die gleichen Naturgesetze gelten wie in den Schutzgebieten überall auf der Erde. Innerhalb weniger Jahrzehnte führt die natürliche Entwicklung in Mitteleuropa zu Waldstrukturen und Lebensgemeinschaften, die sich bei anhaltender forstlicher Nutzung nicht herausbilden können. Heute wird von den Urwäldern von morgen gesprochen. Nun geht es in der Diskussion über diese Totalreservate auch um die Verbannung der letzten Nutzungs- und Steuerungsmöglichkeit, z. B. die Regulierung der großen Tierarten durch die Jagd.


Wanderung zum Weltnaturerbe Serrahn
Ausgangspunkt ist der Ort Zinow an der B 198. Ortshinweisschilder weisen den Weg nach Serrahn. Ein Naturerlebnispfad führt Wanderer durch den Serrahner Wald. Von einem Beobachtungsturm bietet sich eine beeindruckende Aussicht über das Verlandungsmoor und den großen Serrahnsee.

Kraniche, See- und Fischadler, Rohrweihen, Graugänse und andere Vogelarten können dort beobachtet werden. Im späten Frühjahr und Frühsommer prägen die weißen Samenstände der Wollgräser und der blühende Sumpfporst die Moorlandschaft.

Der schmale Weg führt weiter durch den Buchen-Kiefern-Eichen-Hochwald zur historischen Dorfstelle des mittelalterlichen Ortes Saran (Hinweistafel). Nur wenige hundert Meter weiter beginnt die Weltnaturerbestätte - mit etwas Glück ist dort im Mai und Juni auch der seltene Zwergschnäpper zu hören und zu beobachten. Ein Moorsteg führt durch das Serrahnbruch, dort sind typische Moorpflanzen wie Moosbeere, Torfmoose, Wollgräser und die "fleischfressenden" Sonnentau-Arten anzutreffen. Weiter geht es nach Serrahn, wo eine Ausstellung in der Nationalparkstation über das Gebiet informiert.



INFO

Alte Buchenwälder in Deutschland auf der Liste des Weltnaturerbes der UNESCO:
• Serrahner Buchenwälder / Müritz-Nationalpark (Mecklenburg-Vorpommern)
• Buchenwälder auf Rügen / Jasmund-Nationalpark (Mecklenburg-Vorpommern)
• Grumsiner Forst / Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Brandenburg)
• Buchenwälder / Nationalpark Hainich (Thüringen)
• Buchenwälder / Nationalpark Kellerwald (Hessen)



BUCHTIPP

Hans-Jürgen Spieß und Peter Wernicke
Serrahn - Weltnaturerbe im Müritz-Nationalpark

152 Seiten, Hardcover, 24 x 22 cm, vollfarbig, reich bebildert, Natur+Text 2013, ISBN 978-3-942062-07-7, Preis: EUR 24,90

In pränanten Texten und eindrucksvollen Bildern werden die Buchenwälder Serrahns vorgestellt. Auch als E-Book!

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Quelle:
NATURMAGAZIN, 27. Jahrgang - Nr. 2, Mai bis Juli 2013, Seite 28-29
Herausgeber:
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Landesverband Brandenburg
Natur & Text in Brandenburg GmbH
Redaktion:
Natur & Text in Brandenburg GmbH
Friedensallee 21, 13834 Rangsdorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2013