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SCHUTZGEBIET/834: Meckern, trillern, tirilieren (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 2/2017
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Natura 2000
Regentalaue und Rötelseeweiher
Meckern, trillern, tirilieren


In der Oberpfalz liegt einer der besten Lebensräume für Wiesenbrüter im deutschen Binnenland. Wie kein anderer hat sich der BUND-Aktive Peter Zach um die Regentalaue verdient gemacht.


So viel ist sicher: Der Schutz unserer Wiesenbrüter ist heute eine eigene Wissenschaft. Wer Arten wie Uferschnepfe und Brachvogel, Rotschenkel und Kiebitz im Binnenland dauerhaft erhalten will, muss einen enormen Aufwand treiben. Kaum jemand weiß das besser als Peter Zach vom BUND im oberpfälzischen Cham. Seit bald 50 Jahren engagiert er sich für den Schutz der Regentalaue und ihrer seltenen Pflanzen und Tiere. Mit großem Erfolg, keine Frage. Doch darauf ausruhen kann er sich bis heute nicht.

In den Auewiesen am Regen hält der Frühling Einzug: Mitte März haben hier Hunderte Rotdrosseln und Wacholderdrosseln eine Rast eingelegt, auf dem Heimflug nordwärts. Mit ihnen bevölkern zahlreiche Kiebitze die Wiesen. Einige werden wohl nicht weiterziehen, sondern hier brüten. Ihre »pie-wii«-Rufe mischen sich mit dem Trillern der Brachvögel, einer anderen Charakterart des Regentals. Bald werden auch die Bekassinen wieder mit typischen Meckerlauten im Flug ihre Reviere markieren. Und über allem tirilieren die Lerchen.

Warum haben diese Vögel hier bis heute überlebt - einst weit verbreitete Arten, die binnen weniger Jahrzehnte großflächig aus unserer Kulturlandschaft verschwunden sind?

Von der BUND-Wiese zum Großprojekt

Anfang der 70er Jahre werden Peter Zach und andere Naturschützer auf die Artenvielfalt in der Regentalaue aufmerksam. Sie werben für den Schutz des Gebietes und beginnen die Brut- und Rastvögel zu dokumentieren. 1978 kann der BUND Cham eine wertvolle Feuchtwiese am Rand der Rötelseeweiher kaufen, mit Arnika und Knabenkraut, im Zentrum der Aue. Ein wichtiges Signal - 1986 wird sie mit der Kernzone der Regentalaue zum Naturschutzgebiet erklärt.

Entscheidend sind die Jahre 1989-2003: Mit Bundes- und Landesmitteln sichert der Landkreis 450 Hektar der Regentalaue für den Naturschutz. »Ein großes Glück«, so Peter Zach, »bei den Grundstückspreisen heute wäre das unmöglich.« Die Aue muss jedoch weiter verteidigt werden, etwa in den 90er Jahren gegen ein Industriegebiet und eine Umgehungsstraße. Der BUND erreicht, dass die Pläne abgespeckt werden. Und noch mehr schaffen Peter Zach und seine MitstreiterInnen: Den Menschen der Region wird allmählich bewusst, welches Naturjuwel sie da vor der Haustür haben.

Seit 2000 ist die Regentalaue als europäisches Vogelschutz- und als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet gesichert. Seit 2010 ist die gesamte Aue zwischen Cham und Pösing auch als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Überregional bedeutsam

So weit, so gut, ja: sehr gut. Neben dem Ammersee gilt die Aue heute als artenreichster Lebensraum für Brutvögel in Bayern. Im Schutze einer riesigen Lachmöwenkolonie nisten am Rötelseeweiher Schwarzkopfmöwen und Schwarzhalstaucher an ihrem landesweit wichtigsten Brutplatz. Auch Knäkenten, Wachtelkönige oder Zwergdommeln ziehen hier ihre Jungen groß - 26 der 31 in Bayern vom Aussterben bedrohten Vogelarten brüten oder rasten im Gebiet.

Weitere gefährdete Arten profitieren vom Schutz der Aue. So hat Peter Zach auf der BUND-Wiese eine Unmenge der seltenen Sumpfschrecken entdeckt. Häufig sind auch Laub- und Moorfrosch, Grüne Keiljungfer oder Moorwindelschnecke. Zu den 600 Pflanzenarten im Gebiet zählen Raritäten wie Preußisches Laserkraut, Zypergras-Segge und Wasserschlauch.

Auwiesen und Weiher des Regentals sind also überregional bedeutsam. Und doch wäre ihr wichtigstes Schutzgut wohl binnen weniger Jahre verschwunden, würden Peter Zach und mit ihm Alfons Fischer, Alois Stelzl und Jutta Vogl nicht das Gros ihrer Freizeit opfern.

Wiesenbrüter intensiv betreut

Dienstag Vormittag, ein Arbeitseinsatz in der Kernzone. Versammelt sind Mitarbeiter der Naturschutzbehörde, eine Rangerin des Naturparks, zwei Bauernsöhne aus der Umgebung und - wie so oft - Peter Zach und seine Mitstreiter. Die vier helfen heute 15 Hektar Wiese mit einem Elektrozaun zu sichern. Er ist die Lebensversicherung vieler junger Rotschenkel, Kiebitze und Bekassinen, die hier bald schlüpfen werden.

Weit mehr Füchse als früher streifen durch die Aue, seit der Mensch sie gegen Tollwut impft. Nur wo sie intensiv (und mühevoll) bejagt werden, haben Wiesenvögel hier ohne Zaun genügend Bruterfolg. Auch hält der Zaun die Hunde ab - ein kleiner Teil der Spaziergänger ignoriert den Leinenzwang.

Für Einsätze wie diesen hat Peter Zach über viele Jahre drei Viertel seines Urlaubs verwendet. Auch das Wegegebot, das während der Brutzeit gilt, muss ehrenamtlich kontrolliert werden. Noch zeitraubender ist es, die Gelege der Wiesenbrüter zu suchen und markieren, damit sie bei der Mahd ausgespart werden. Zur Not klettern Zach und die anderen mit auf den Traktor, um Eier und Jungvögel zu retten. Es lohnt sich: Seit Beginn der intensiven Betreuung 2010 brüten die Wiesenvögel wieder mit mehr Erfolg.

Wie weiter?

Was fortdauert, ist die Sorge, dass die Aue im Zuge der Klimaerwärmung immer mehr austrocknet. Kiebitz und Co. hätten dann auch hier keine Bleibe mehr. Und was passiert eigentlich, wenn Peter Zach und die anderen Ehrenamtlichen einmal nicht mehr wie heute anpacken können? Zum einen plant das Land die Freiwilligen beim Wiesenvogelschutz künftig für ihren Aufwand zu entschädigen. Das dürfte es etwas erleichtern, eine Nachfolge zu organisieren.

Noch weit wichtiger: Derzeit ist ein Managementplan in Arbeit, der auf den langjährigen Erfahrungen der Ehrenamtlichen basiert. Er soll die Kontinuität des Naturschutzes im Regental sichern. Und er verdankt sich der Tatsache, dass die Aue zugleich FFH- und Vogelschutzgebiet ist - womit nun auch der Bezug zu Natura 2000 hergestellt wäre.


Licht und Schatten: Natura 2000 wird 25

Vor 25 Jahren rief die EU mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie das Netzwerk »Natura 2000« ins Leben. Seitdem wächst ein grünes Rückgrat der Vielfalt in Europa, um besonders wertvolle, seltene oder gefährdete Tiere und Pflanzen in ihren natürlichen Lebensräumen zu schützen. Allerdings verfügen bundesweit bislang nur etwa 53 Prozent der FFH-Gebiete über einen Managementplan, der die Zukunft der Arten und Lebensräume sichern soll. Vielerorts reicht der Schutz also noch nicht aus.

Dennoch: In seiner Ausdehnung ist Europas Netzwerk von FFH- und Vogelschutzgebieten heute weltweit einzigartig und ein Meilenstein des Natur- und Artenschutzes. Etwa 920 Tier- und Pflanzenarten genießen in den über 27.500 Gebieten von Natura 2000 gezielten Schutz, darunter Wildkatze und Luchs, viele Vögel, seltene Schmetterlinge und Orchideen. Und mit ihnen der größte Teil unserer biologischen Vielfalt.

Herzlichen Glückwunsch, Natura 2000! Und ein großer Dank an die vielen Ehrenamtlichen im BUND, die - wie Peter Zach in der Regentalaue - unermüdlich die in 25 Jahren gesicherten Naturrefugien verteidigen.
www.bund.net/naturschutz


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

  • Regentalaue mit Rötelseeweiher - hier brüten über 50 Paare Schwarzhalstaucher.
  • BUND-Wiese mit Kuckuckslichtnelke und Wollgras.
  • Großer Brachvogel und Sumpfschrecke im Regental. Rechts: Peter Zach bei einer Exkursion u.a. mit Bayerns Umweltminister Marcel Huber.

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Quelle:
BUNDmagazin 2/2017, Seite 26 - 27
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Redaktion: Severin Zillich
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
E-Mail: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net/bundmagazin
 
Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2017

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