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WALD/688: Wo der Schreiadler wohnt - zu Besuch in der Lapitz-Geveziner Waldlandschaft (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 3/14
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Wo der Schreiadler wohnt
Zu Besuch in der Lapitz-Geveziner Waldlandschaft.

Von Nele Rißmann



Nach langer Fahrt durch Wald und Flur gelangt der Besucher in die Lapitz-Geveziner Waldlandschaft. Durchsetzt von kleinen und größeren Seen und Wäldern beeindruckt Mecklenburg-Vorpommerns malerische Landschaft nordöstlich der Müritz ihre Gäste sofort.

Nur wenige Wege führen in das Innere der Waldlandschaft, von der die NABU-Stiftung über 330 Hektar als Teil des Nationalen Naturerbes im Jahre 2012 erworben hat. Denn so viel war der Stiftung bereits nach ersten Erkundungen des Areals bewusst: Hier handelt es sich um ein Gebiet mit beeindruckend Artenvielfalt. Ziel der Flächenübernahme war es, wieder vom Menschen unbeeinflussten Naturwald entstehen zu lassen.

Verbund aus Wald und Wiesen

Getreu ihrem Stiftungsmotto "Natur wieder Natur sein lassen" hat die NABU-Stiftung einen großen Teil des Waldes bereits den natürlichen Prozessen überlassen - Holzeinschlag und andere menschliche Eingriffe gibt es künftig nicht mehr. Unter NABU-Obhut wandelt sich der Wald so Stück für Stück zum Urwald von morgen.

Um diese Entwicklung zu unterstützen, sind jedoch noch weitere Maßnahmen notwendig. Denn das Gebiet ist geprägt von einer Vielzahl an Gräben und Drainagen, die insbesondere den zahlreichen Waldmooren das Wasser nehmen. Die Entwässerungsanlagen stammen aus einer Zeit, als der Mensch noch gegen ein Zuviel an Wasser in der Landschaft arbeitete. Nun arbeitet die NABU-Stiftung daran, die Eingriffe in den Wasserhaushalt so weit wie möglich zu reduzieren.

Ein wichtiger Schritt war 2013 der Kauf von über 40 Hektar dem NABU-Wald benachbarten Niedermoorwiesen. Unterstützt wurde die NABU-Stiftung bei diesem Kauf durch eine Zuwendung der Manfred-Hermsen-Stiftung und aus dem Moorschutzfonds des NABU, der gemeinsam mit der Volkswagen Financial Services AG gegründet wurde. Als nächstes wird der Wasserhaushalt des Gebietes untersucht, um eine Basis für die Wiedervernässung der Moore zu haben. Damit soll nicht nur den vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten geholfen, sondern auch ein kleiner Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Denn Moore sind die effektivsten Ökosysteme in Sachen Kohlenstoffspeicherung. Vom Rückstau der wiedervernässten Wiesen soll auch der NABU-Wald profitieren.

Vielfältiger Mischwald

Die Lapitz-Geveziner Waldlandschaft liegt etwa 15 Kilometer westlich von Neubrandenburg und ist ein locker zusammenhängendes Waldgebiet. Es besteht aus artenreichen Laubmischwäldern aus Bergahorn, Eichen, Linden und Buchen - sämtliche in der Region heimische Arten sind vertreten. Die Ruhe der wertvollen Altbaumbestände ist besonders für störungsempfindliche Vogelarten wie Schreiadler und Schwarzstorch wichtig. Bedeutsam sind auch die Bruchwälder, die im gesamten Wald in den Senken zu finden sind. Der Anteil gebietsfremder Douglasien, Fichten und Lärchen liegt derzeit noch bei rund einem Viertel, er wird im Rahmen des Waldumbaus schrittweise verringert.

Der Schreiadler brütet in der Lapitz-Geveziner Waldlandschaft erst seit wenigen Jahren wieder. Der seltene Greif bewohnt naturnahe und störungsarme Laubmischwälder mit angrenzenden Wiesen und Mooren. Häufig ist er zu Fuß unterwegs, um Mäuse, Eidechsen oder andere kleine Tiere zu jagen. Beobachten lässt sich der scheue Greif nur schwer. "Man sieht ihn äußerst selten. Obwohl ich häufig und schon seit vielen Jahren in der Gegend unterwegs bin, habe ich erst viermal einen Schreiadler zu Gesicht bekommen", erzählt Eckhard Wenzlaff, der sich im Auftrag der Stiftung um die Entwicklung des Gebietes kümmert.

Abgeschiedenheit bewahren

Die Lapitz-Geveziner Waldlandschaft ist touristisch nicht erschlossen. "Im NABU-Wald gibt es keine Wanderwege, sondern nur einen einzigen zentralen Weg, der ursprünglich für die Holzabfuhr bestimmt war", erklärt Wenzlaff. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass dies auch so bleibt.

Wer dennoch neugierig geworden ist und die Vielfalt der örtlichen Vogelwelt entdecken möchte, sollte sich in den frühen Morgenstunden zusammen mit einem Ornithologen an der Straße von Lapitz nach Wrodow auf die Lauer legen, rät der Wenzlaff. Ohne groß zu stören, können von dort in den Wiesen und an den Gewässern unter anderem Rotmilan, Kranich, Weißstorch, Kiebitz, Bekassine, Rothalstaucher und Trauerseeschwalbe beobachtet werden - und mit ganz viel Glück auch ein Schreiadler.

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Naturschutzland in NABU-Hand

Natur für die Ewigkeit - das geht am besten aus der starken Position des Grundeigentümers. Darum kauft die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe deutschlandweit Flächen. Rund 16.000 Hektar verteilt auf über 250 Gebiete gehören ihr bereits, das ist weit mehr als zum Beispiel alle ostfriesischen Inseln zusammen.

Auf dem NABU-Land ordnet sich die Bewirtschaftung den Naturschutzzielen unter. So hat die Stiftung auf über 8.000 Hektar jegliche Nutzung eingestellt, sodass sich naturnahe Wälder, Feuchtgebiete und ehemalige Tagebauflächen zu ungestörter Wildnis entwickeln. Bei 1.426 Hektar Stiftungswald gibt die NABU-Stiftung mit Waldumbauarbeiten eine Anschubhilfe, wenn nichtheimische Baumbestände die naturnahe Entwicklung bremsen.

Die Stiftung stemmt sich gegen den Artenschwund und die immer intensivere Landnutzung. Eine wichtige Hilfe sind ihr hierbei Spenden, Zustiftungen und Erbschaften. Weitere Infos unter www.naturerbe.de.


Mehr zum Schreiadlerschutz unter www.NABU.de/schreiadler sowie in der Schreiadlerbroschüre des NABU, zu bestellen im NABU-NaturShop unter der Artikelnummer 4103 (1,50 Euro plus Versandkosten).


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Der Schreiadler brütet in der Lapitz-Geveziner Waldlandschaft erst seit wenigen Jahren wieder. Der seltene Greif bewohnt naturnahe und störungsarme Laubmischwälder mit angrenzenden Wiesen und Mooren.

- Wie der Schreiadler reagiert auch der Schwarzstorch sehr empfindlich auf Störungen. Bundesweit brüten noch rund 700 Paare.

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 3/14, Seite 20 - 21
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1530, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
Herausgeber: NABU, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-0, Fax: 030/284984-2000
E-Mail: nabu@nabu.de
Internet: www.NABU.de
 
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2014