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WILDNIS/024: Unsere neuen Big 5? (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 2/2017
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Wilde Rückkehrer
Unsere neuen Big 5?

von Dennis Klein und Heinz Klöser


Die meisten Deutschen freuen sich über die Rückkehr charismatischer Tiere wie Wolf, Luchs und Elch. Doch gibt es auch entschiedene Gegner. Der BUND wirbt für ein gutes Miteinander und plädiert für mehr Sachlichkeit. Nicht jede der hier porträtierten Arten ist auf Wildnisgebiete angewiesen - doch alle profitieren sie davon.


WOLF

Einst war der Wolf in ganz Europa heimisch. Dann rottete ihn der Mensch fast völlig aus, in Deutschland vor etwa 150 Jahren. Heute feiert er ein Comeback. Europaweit schätzt man den Bestand wieder auf etwa 20.000 Tiere. Die ersten deutschen Wölfe in Freiheit kamen im Jahr 2000 in Sachsen zur Welt. Derzeit leben bei uns 46 Rudel, 15 Paare und 4 territoriale Einzelwölfe - vor allem im Osten und Norden. Die größte Gefahr für den Wolf geht heute vom Straßenverkehr aus.

Im Schnitt beansprucht ein Rudel ca. 250 km². Es besteht aus dem Elternpaar, den Ende April geborenen 4-6 Welpen und den Jungen der letzten ein, zwei Jahre. Gejagt werden überwiegend Reh (52,8%), Rothirsch (21,3%) und Wildschwein (18,3%).

Zündstoff, wo Mensch und Wolf zusammenleben, bilden hauptsächlich die Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere, meist dort, wo Schafe und Ziegen ohne Elektrozaun und Schutzhund gehalten oder nachts nicht in den Stall gebracht werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Schäden an Nutz- und Haustieren präventiv gut zu begrenzen sind. Menschen greift der Wolf nur extrem selten an, bei Tollwut oder Anfütterung.

LUCHS

Auch der Luchs war einmal europaweit verbreitet. Nach intensiver Bejagung im 18. und 19. Jahrhundert überlebten von Europas größter Wildkatze nur kleine Populationen in Skandinavien und im Baltikum, in den Karpaten und auf dem Balkan. Seit den 1970ern wird der Luchs in Mitteleuropa wiederanzusiedeln versucht. In Deutschland leben wieder je etwa 30 Luchse im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet und im Harz und den angrenzenden Mittelgebirgen. Im Pfälzerwald wurden kürzlich die ersten fünf von 20 Luchsen ausgewildert. Einzeltiere wurden in Nordrhein-Westfalen, in Hessen, Baden-Württemberg und Sachsen nachgewiesen.

Der Luchs bevorzugt große, struktur- und felsreiche Wälder, die genug Rückzug bieten. Er kommt aber auch mit unserer Kulturlandschaft zurecht. Seine Reviere sind etwa 100 km² groß. Hauptbeute ist das Reh. Da er pro 100 Hektar nur ca. 1,5 Rehe im Jahr jagt, bleibt sein Einfluss auf deren Bestand bescheiden. Konflikte zwischen Luchs und Weidetieren gibt es weniger, für Menschen ist er ungefährlich. Einige kriminelle »Luchshasser« verhindern jedoch mit illegalen Abschüssen und Giftködern bislang, dass sich der Luchs wieder ausbreitet. Der BUND fordert eine spezielle Polizei-Einheit für Umweltdelikte, um der Täter endlich habhaft zu werden.

BRAUNBÄR

Unser größtes heimisches Raubtier besiedelte einst den ganzen Kontinent. In Europa lebt der Braunbär heute noch in Ostskandinavien (2500 Tiere) und Nordrussland (11.000), in den Karpaten (8000) und im Dinarischen Gebirge (2500). Restbestände gibt es zudem in den Alpen (30) und Pyrenäen (15), im kantabrischen Gebirge (200), Appenin (50) und Ostbalkan (700).

Die plump wirkenden, aber ausgesprochen agilen Tiere sind Allesfresser. Sie ernähren sich von Fleisch, Fisch, Aas, Insekten, Beeren, Früchten, Wurzeln und Samen. Ihre besondere Vorliebe gilt dem Honig.

Heute wird der Braunbär wieder angesiedelt, so in den Zentralpyrenäen und Norditalien. In Österreich hat sich ein kleiner Bestand gebildet, mit Tieren aus Slowenien und Norditalien. Von dort könnte auch der deutsche Alpenraum wieder besiedelt werden. 171 Jahre, nachdem hier der letzte wilde Bär erlegt wurde, tauchte 2006 »Bruno« im deutsch-österreichischen Grenzgebiet auf. Wochen wanderte er umher, streifte Siedlungen und riss Nutztiere. Nach erfolglosen Fangversuchen ließ ihn die bayerische Landesregierung abschießen.

WISENT

Die Verbreitung dieses Wildrindes reichte ursprünglich von der Atlantikküste bis zum Baikalsee und vom nördlichen Mittelmeerraum bis Finnland. Wisente leben in standorttreuen Herden, geführt von einer Leitkuh. Die großen Pflanzenfresser - Bullen wiegen bis zu 850 Kilogramm - durchstreifen lichte Misch-, Au- und Bruchwälder. Bei Störungen ziehen sie sich zurück. In Freiheit wurde das Wisent ausgerottet - so 1755 in Ostpreußen und zuletzt 1927 im Kaukasus. Alle heutigen Tiere (etwa 5000) gehen auf nur sieben Zootiere zurück. 2013 wurden einige Tiere im Rothaargebirge freigelassen, inzwischen leben dort 19 Tiere. Gegen diese erste wildlebende Herde Westeuropas haben Waldbesitzer geklagt - ein endgültiges Urteil steht noch aus.

ELCH

Immerhin 550 Kilo Gewicht erreichen Elchbullen. Die stattlichen Hirsche haben einen massigen Rumpf und lange Beine. Mit ihren großen, spreizbaren Hufen sind sie an ein Leben auf sumpfigem Untergrund angepasst.

Elche bilden als Einzelgänger nur zur Paarungszeit kleine Rudel. Die scheuen Tiere wandern gerne und weit. Bevorzugt fressen sie Laub von Weichhölzern und Wasserpflanzen, im Winter auch Triebe von Sträuchern und Nadelbäumen. Ausgewachsene Tiere haben kaum natürliche Feinde.

Elche besiedeln die Taigazone, in Europa reichte ihre Verbreitung bis in die Niederlande und den Kaukasus. In Mecklenburg und Brandenburg erloschen die letzten Bestände erst im Zweiten Weltkrieg. Aus Polen wandern jedoch immer wieder Tiere ein. Ihr Verbleib ist oft ungeklärt, offenbar werden sie illegal geschossen. Bei Lieberose in Ostbrandenburg siedelten sich aber wohl kürzlich Elche an - es gab bereits Nachwuchs!

Dennis Klein ist BUND-Wildtierexperte, Heinz Klöser stellvertretender Sprecher des Arbeitskreises Naturschutz.

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Quelle:
BUNDmagazin 2/2017, Seite 18 - 19
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Redaktion: Severin Zillich
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Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2017

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