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LAIRE/255: Rapider Schwund der Elefantenbestände (SB)


Zum Beispiel Elefanten

Mensch als treibender Faktor des 6. Massenausssterbens der Erdgeschichte


In Afrika leben immer weniger Elefanten. Das hat eine zwei Jahre lange Zählung ergeben, die von Flugzeugen aus durchgeführt wurde. Der Zensus, an dem rund 90 Forscherinnen und Forscher beteiligt waren, wurde von den Ökologen Michael Chase (Elefant without borders, Botswana) und Curt Griffin (University of Amherst, Massachusetts) durchgeführt. Im Fachjournal "PeerJ" berichteten sie, daß in 18 afrikanischen Staaten nur noch 352.271 Elefanten leben; das sind demnach rund 30 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren.

Als Hauptursache des Rückgangs der Elefantenpopulation, von der auch und besonders Waldelefanten betroffen sind, wird Wilderei im Rahmen des illegalen Elfenbeinhandels ausgemacht. Aus diesem Grund will auch die Weltnaturschutzkonferenz (IUCN), die am Donnerstag in Honululu begann, ein Binnenhandelsverbot von Elfenbein durchsetzen.

Elefanten sind nicht die einzigen Großsäuger, deren Bestände immer mehr schrumpfen. Auch Löwen, Gorillas, Nashörner, Orang-Utans und viele weitere Arten werden gejagt oder aus ihrem angestammten Lebensraum vertrieben. Laut Untersuchungen einer Forschergruppe um William Ripple von der Oregon State University stehen 59 Prozent der großen landlebenden Säugetiere auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Für den Elefantentod sind Wilderer, Händler und die Kunden des Elfenbeins verantwortlich, dahinter steht allerdings ein größeres Problem. Der Mensch lebt zu Lasten anderer Arten. Das tun alle Lebewesen, da sie Stoffwechsel betreiben, doch übertrifft der Umfang, in dem Menschen Pflanzen und Tiere verwerten oder deren Lebensraum vernichten, das Ausmaß, in dem andere Arten ihr Überleben zu sichern suchen, beträchtlich.

Wobei es auch innerhalb der Menschheit extreme Unterschiede im individuellen Lebens- und Konsumstil und der Höhe des gesellschaftlichen Verbrauchs gibt. Wenn beispielsweise in Botswana die San (Buschleute) von der Regierung bezichtigt werden, ihre ursprüngliche Lebensweise sei unvereinbar mit den Bestimmungen zum Schutz der Wildreservate, und sie mit dieser Begründung aus ihrem angestammten Lebensraum vertrieben werden, dann dürfte ein Vergleich zwischen dem Lebensstil der San und dem der botswanischen Regierungsmitglieder zeigen, daß letztere ein ungleich größeres Maß an Zerstörung zu verantworten haben. Und der Lebensstil der meisten botswanischen Regierungsmitglieder wiederum dürfte nochmals von dem vieler Besucher jener Wildreservate, die von den San "befreit" worden sind, übertroffen werden.

Abschätzungen zufolge verschwinden weltweit täglich bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten. Die Erde erlebt derzeit das 6. große Massensterben ihrer Geschichte, und die Geschwindigkeit, mit der dies abläuft, übertrifft die früherer Massenaussterben. Motor dieser Entwicklung ist der Mensch. Schwer vorstellbar, wie der Artenschwund noch gestoppt werden kann. Um ihm Einhalt zu gebieten, müßte der hochkonsumlastige Teil der Menschheit vorangehen und einen radikalen Wandel seiner Lebensverhältnisse vollziehen. Das schließt den Verzicht auf Elfenbein ein, geht aber weit darüber hinaus.

Ein Anhaltspunkt, wie weitreichend die Umstellung gehen müßte, könnte ein Maßstab liefern, der vor einigen Jahren in der Klimaschutzdebatte aufkam. Die Bewohner der Industrieländer müßten ihren Energieverbrauch um 80 Prozent verringern, damit ihre Treibhausgasemissionen nicht über denen eines durchschnittlichen Inders hinausgehen. (Inzwischen ist dieser Maßstab nicht mehr geeignet, da Indien einen rasanten Zuwachs an Treibhausgasemissionen verursacht.) Gemeint ist damit der Durchschnittsbürger, wohingegen die Einschränkungen für jenen hochkonsumlastigen Teil innerhalb beispielsweise Deutschlands natürlich noch um vieles drastischer ausfallen würden.

1. September 2016


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