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KLIMA/303: Katastrophenhilfe - Katrina vs. Kalifornien (SB)


Wenn's den Reichen an den Kragen geht ...

Derzeit bessere Katastrophenhilfe in Kalifornien als 2005 in New Orleans


Es wäre für die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika natürlich wünschenswert, wenn die Regierung tatsächlich aus der menschlichen Katastrophe aufgrund des Hurrikans Katrina vor zwei Jahren in New Orleans und Umgebung gelernt hätte. Es steht allerdings zu befürchten, daß die allseits gelobte, reibungslose Versorgung der vor den Waldbränden in Südkalifornien geflohenen Einwohner einen anderen Grund hat. Mit New Orleans und Umgebung hatte es hauptsächlich ärmere Menschen mit afroamerikanischem Hintergrund getroffen. Im Umland von San Diego hingegen brannten von früh an Häuser von "Stars" wie der Hollywood-Regisseur James Cameron und anderen Wohlhabenden ab. Das sorgte für eine deutlich größere Medienaufmerksamkeit und eine tiefer empfundene Betroffenheit bei den Konsumenten der Berichterstattung, als wenn irgendein Sumpfbewohner aus Louisiana seine gesamte Habe - so karg sie auch gewesen sein mag - verliert.

Sofern man die Tragik zweier Ereignisse überhaupt miteinander vergleichen will, bleibt zu vermuten, daß Cameron nach dem Verlust seines Hauses wahrscheinlich ziemlich weich fallen wird, während unser x-beliebiger Einwohner von New Orleans und Umgebung eher in einem der gesundheitsschädigende Gifte ausgasenden Trailer landen wird, die von der Katastrophenschutzbehörde FEMA (Federal Emergency Management Agency) bereitgestellt wurden.

Auf Bitten des kalifornischen Governors Arnold Schwarzenegger hat US-Präsident George W. Bush die von den Bränden heimgesuchten Countys unverzüglich zum Notstandsgebiet erklärt. Gestern reiste Heimatschutzminister Michael Chertoff nach Kalifornien, um die Bundeshilfe zu koordinieren; am heutigen Donnerstag will sich Bush einen persönlichen Eindruck von der Lage an der Feuerfront machen.

Die Südkalifornier sind zwar noch nicht aus dem Schneider, aber ein Teil der Brände konnte bereits eingedämmt werden. Das Qualcomm Stadium von San Diego wurde zum Dreh- und Angelpunkt der Flüchtlinge. Mehr als zehntausend Menschen werden dort versorgt. Das Stadion bietet sich insofern an, als daß hier Toiletten, Duschen, Großküchen und medizinische Einrichtungen vorhanden sind, um größere Menschenmassen mit dem Nötigsten zu versorgen. Mittels der Lautsprecheranlage können die Flüchtlinge informiert und dirigiert werden.

Das alles hätte es auch in New Orleans geben können, denn auch dort kamen die Menschen im örtlichen Footballstadion, dem Superdome, zusammen. Aber die Organisation blieb verheerend, die Menschen wurden wie Vieh behandelt, mehr oder weniger eingepfercht und sich tagelang selbst überlassen. New Orleans ist eben nicht Malibu. Der von Feuer vernichtete Besitz einer VIP scheint tausendmal bedeutender als das von den Katrina-Fluten weggeschwemmte Eigentum zahlloser Niemande. Rund 1500 Häuser fielen den Flammen zum Opfer. Die Versicherungswirtschaft rechnet mit einer Schadenssumme von eine Milliarde Dollar (700 Mio. Euro). Es handelt sich um die höchste Versicherungssumme in der Geschichte Kaliforniens.

"Anders als bei früheren Katastrophen haben wir hier dafür gesorgt, daß die Leute vor Ort, der Staat und die Bundesbehörden ganz schnell handeln", lobte Schwarzenegger die Katastrophenhilfe. In der US-Presse wird die Behauptung allzu gern kolportiert, daß die Regierung aus Katrina gelernt habe. Das ist unglaubwürdig. Denn die USA haben eine lange Erfahrung im Umgang mit Wirbelstürmen, die alljährlich mit mehr oder weniger Wucht auf den Kontinent treffen. Aber noch nie hat das Land eine derart ungenügende Versorgung der Bevölkerung erlebt wie vor zwei Jahren.

Die Santa-Ana-Winde, die teils mit 160 Stundenkilometern die Feuerwalzen angefacht hatten, haben nachgelassen, so daß inzwischen die Brandbekämpfung aus der Luft erleichtert wird. In Kalifornien kommt es regelmäßig zu Busch- und Waldbränden. Klimaforscher sagen voraus, daß die Zahl und Größe der Brände im Zuge der allgemeinen Erderwärmung weiter zunehmen wird.

Es ist zwar noch zu früh für eine Erklärung wie, daß die staatliche Katastrophenhilfe in Kalifornien funktioniert hat, aber wenn es so wäre, bliebe immer noch die Frage, ob der Staat, der sich bekanntlich aus vielen Bereichen der Grundversorgung der Bevölkerung heraushält und sich ihr weiter entzieht - was perfiderweise als Ausdruck einer freiheitlichen Grundeinstellung verkauft wird -, bei den von den Klimaforschern prognostizierten vermehrten Bränden in Zukunft für die Bürger stark machen wird oder ob nicht vielmehr die Arbeit der Katastrophenschutzbehörden und des Heimatschutzministeriums vor allem darin bestehen wird, nach einer Überschwemmung oder einem Brand die staatliche Ordnung wiederherzustellen. Das ist kein zu vernachlässigender Unterschied in der Zielsetzung staatlichen Handelns.

25. Oktober 2007