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KLIMA/330: Dürre in Neuseeland - Energieversorgung gefährdet (SB)


Zwei Jahre hintereinander Dürre in Neuseeland

Premierministerin Clark beteuert, daß dies noch keine Krise ist


Neuseeland ist von seinen natürlichen Voraussetzungen her ein überaus begünstigtes Land. Es kann rund 75 Prozent seines elektrischen Energiebedarfs durch hydroelektrische Generatoren erzeugen. Von einem so hohen Anteil an erneuerbaren Energien können die meisten Staaten nur träumen. Aber was heißt schon erneuerbar? Damit ist es nicht weit her, denn klimatische Veränderungen, von denen man noch nicht weiß, ob sie einen langfristigen Trend einleiten oder nicht, haben dem Land seit zwei Jahren geringere Niederschlagsmengen gebracht. Das Wasser wurde also keineswegs erneuert. Das blieb nicht ohne Folgen für die Energieversorgung Neuseelands. Die hydroelektrischen Kraftwerke haben in den letzten Wochen nur noch 50 Prozent des elektrischen Strombedarfs abgedeckt.

Selbstverständlich ist das noch immer ein vergleichsweise hoher Anteil, und doch muß der Rückgang um ein Drittel als Alarmzeichen angesehen werden. Die neuseeländischen Stromversorger versuchen mit Unterstützung der Regierung, den Mangel mit Hilfe von Kohle-, Diesel- und Gaskraftwerken zu kompensieren. Außerdem hat die Wirtschaft beschlossen, im Fernsehen zum Stromsparen aufzurufen. Auch Premierministerin Helen Clark erklärte in einem Radiointerview, daß ihre Landsleute sich angewöhnen sollten, das Licht auszuschalten, wenn es nicht mehr gebraucht werde (The Guardian, 10. Juni 2008). Clark betonte jedoch, daß dies noch kein Notstand sei.

Vielleicht handelt es sich tatsächlich gegenwärtig noch um keinen Notstand, aber die Entwicklung beunruhigt die Bevölkerung, insbesondere die Landwirte, die schwerwiegende Ertragseinbußen hinnehmen mußten. Zudem hat Energieminister David Parker erklärt, daß der Stromverbrauch in den Abendstunden um 15 Prozent reduziert werden sollte, bis daß genügend Regen gefallen sei, um die Staubecken zu füllen. Bislang wurden noch keine staatlichen Zwangsmaßnahmen verhängt. Das kann aber noch kommen, denn in Neuseeland steht der Winter vor der Tür. Die Kraftwerke sind nahezu ausgelastet, sollen aber demnächst zusätzlich Heizenergie liefern.

Aus der Sicht der neuseeländischen Landwirte brach der Notstand schon vor drei Jahren aus, als die jüngste Dürrephase einsetzte. In den Jahren zuvor hatten sich immerhin noch niederschlagsreiche und -arme Perioden abgewechselt. Meteorologen sagen zwar für die nächste Zeit stärkere Niederschläge voraus, aber der wenige Regen, der am letzten Wochenende vom Himmel fiel, hat so gut wie nichts zur Entspannung der Lage beigetragen.

Parker hält es deshalb für wahrscheinlich, daß die Regierung die Bevölkerung ab dem kommenden Wochenende auffordern wird, den Stromverbrauch zu senken (AFP, 9. Juni 2008). Es handele sich um keine Krise, beteuerte Parker unisono mit der Premierministerin, sondern um nichts anderes als einen trockenen Winter. Seit 1992 hat es nicht mehr so wenig geregnet wie zum bevorstehenden Winterbeginn.

Nicht so optimistisch gab sich Ralph Matthes, Manager eines Versorgungskonzerns, in einem Gespräch mit Radio New Zealand. Die Lage sei seiner Meinung nach schlimmer, als sie der Energieminister darstelle. Er denke an die Verluste für Handel und Industrie und den potentiellen Schaden, den die Wirtschaft in den nächsten zwei Monaten erleiden könnte. Da begänne er schon, an das Wort "Krise" zu denken. Der neuseeländische Landwirtschaftsminister Jim Anderton hat die Erlöseinbußen aufgrund der Dürre auf über 720 Mio. Euro bis Ende des Finanzjahres im Mai 2008 geschätzt (agrarheute.com, 25. März 2008).

Ob sich die Lage in Neuseeland wieder entspannt oder nicht, die Entwicklung verdeutlicht auf jeden Fall die Anfälligkeit eines Landes mit westlichem Lebensstandard, das nach energiewirtschaftlichen Kriterien Vorbild ist, gegenüber den möglichen Folgen des Klimawandels. Der wird nach Ansicht von Wissenschaftlern nicht mehr zu vermeiden sein - lediglich auf das Ausmaß der Veränderungen kann der Mensch noch Einfluß nehmen, lautet die weitgehend einhellige Ansicht der Experten.

Welche Folgen das für Neuseeland haben wird, läßt sich kaum vorhersagen. Auf der Südinsel herrscht gemäßigtes Klima, westliche Winde brachten bislang zuverlässig Regenmassen mit sich. Die Nordinsel wurde bislang von feuchtwarmen pazifischen Winden aus dem Norden mit Regen versorgt. Bei einer Verschiebung der Meeresströmungen und Windsysteme im Zuge des Klimawandels könnten die Inseln dauerhafte Niederschlagseinbußen hinnehmen.

11. Juni 2008