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KLIMA/647: Puerto Rico - Milliarden Dollar und kein Ende ... (SB)




Luftaufnahme einer weitgehend zerstörten Siedlung mit abgerissenen Dächern, umgestürzten und entlaubten Bäumen, zerstörten Autos und jeder Menge Müll in der Landschaft - Foto: U.S. Customs and Border Protection / Kris Grogan

Puerto Rico nach Durchzug des Hurrikans Maria am 23. September 2017
Foto: U.S. Customs and Border Protection / Kris Grogan

Uns läuft die Zeit davon, sagt der Leiter des US-Katastrophendienstes FEMA bei seinem Besuch der Karibikinsel Puerto Rico. Der Wiederaufbau der im vergangenen Jahr durch einen Hurrikan weitreichend zerstörten Insel, die rechtlich zum Außenbereich der USA gehört, ist noch nicht abgeschlossen, doch schon Anfang Juni beginnt die nächste Hurrikan-Saison. Darauf sei man bis jetzt noch nicht ausreichend vorbereitet, warnte FEMA-Chef Brock Long [1].

Noch immer sind etliche Häuser ohne Stromanschluß, und viele Dächer wurden bisher nur notdürftig mit Folien geschützt. Sie werden einem Sturm nicht standhalten. Bereits in den Jahren vor dem Eintreffen der Hurrikane Irma im August und Maria im September 2017 hatte viele Einwohner Puerto Rico aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, der Exodus wurde nach der Katastrophe nochmals beträchtlich beschleunigt. Grundlegende gesellschaftliche Aufgaben wie beispielsweise der Schulunterricht können nicht mehr wie bisher durchgeführt werden, da es an Lehrpersonal mangelt.

Die Wissenschaft rechnet damit, daß die globale Erwärmung zu noch kräftigeren Hurrikanen führen wird als bisher, da sich die Ozeane erwärmen und mehr Energie speichern. Maria war der sechstintensivste Wirbelsturm, der jemals registriert wurde. Die Sturmflut war an der Küste rund drei Meter über normal, etwas tiefer im Landesinnern noch immer mehr als einen Meter. Sollte Puerto Rico in diesem Jahr nach Maria abermals von einem Wirbelsturm der Kategorie 4 oder 5 getroffen und dabei zunichte gemacht werden, was in den letzten Monaten mühsam aufgebaut wurde, könnte das die Fluchtbewegung unter den verbliebenen rund drei Millionen Einwohnern der Insel weiter beschleunigen.

Long zufolge wird der Wiederaufbau Puerto Ricos 50 Milliarden Dollar kosten. Neuere Berechnungen gehen indes sogar von 90 Mrd. Dollar aus. Damit wäre Maria der dritteuerste Wirbelsturm der USA nach Katrina (2005) und Harvey (2017) [2].

Der Aufbau der elektrischen Stromversorgung gehört zu den Hauptaufgaben nach Maria. Der Sturm hatte zwei Drittel der elektrischen Infrastruktur der Insel zerstört, 80 Prozent aller Strommasten waren umgeknickt. Heute sind noch immer 50.000 Haushalte ohne Strom, wenngleich laut dem örtlichen FEMA-Koordinator Mike Byrne 96 Prozent der Kunden wieder mit elektrischen Strom versorgt werden. Für den Fall einer erneuten Katastrophe haben die Behörden mehr als 15,6 Mio. Liter Wasser sowie über 2,8 Mio. Mahlzeiten, über fünf Lager verteilt, als Notfallvorrat angelegt.

Wenn in der Klimaforschung davon gesprochen wird, daß aufgrund der globalen Erwärmung gänzlich neue Klimazonen entstehen, die für Menschen unbewohnbar werden, denkt man zunächst an aride Gebiete der Subtropen in Australien, Afrika und Asien. Die letztjährige atlantische Wirbelsturmsaison hat jedoch gezeigt, daß auch die Karibikstaaten nicht jenes paradiesische Idyll bleiben dürften, als das sie bisher in Reiseprospekten gepriesen werden. Sollte bis Ende des Jahrhunderts der Meeresspiegel global im Durchschnitt um bis zu einen Meter steigen, wie jüngere Hochrechnungen der gegenwärtigen Gletscherschmelzen und Eismassenverluste an den Polen, auf Grönland und in den Hochgebirgen vermuten lassen, müßte mit deutlich höheren Sturmfluten gerechnet werden, als sie bereits durch Maria entstanden waren. Vielleicht müssen Inseln wie Puerto Rico nicht komplett geräumt werden, aber die Entvölkerung könnte sich fortsetzen, und wer bleibt, wird umfassendere Maßnahmen zum Schutz vor Wirbelstürmen und Überflutungen ergreifen müssen als bisher. Leben im Zeitalter des Klimawandels heißt für Puerto Rico in erster Linie, das Überleben zu sichern.


Fußnoten:


[1] https://apnews.com/7c238de9e23a4c41b2f557e671e5a12d/FEMA:-Puerto-Rico-running-out-of-time-as-storm-season-nears

[2] http://www.miamiherald.com/news/weather/hurricane/article208350879.html


13. April 2018


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