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KLIMA/676: USA - Rumpeldonalds Trampeltanz ... (SB)



"Das Erdklima verändert sich heute schneller als je zuvor in der Geschichte der modernen Zivilisation, vor allem durch menschliche Aktivitäten. Die Auswirkungen des globalen Klimawandels sind in den Vereinigten Staaten bereits spürbar und werden sich in Zukunft voraussichtlich verstärken - aber die Schwere der zukünftigen Auswirkungen wird weitgehend von Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die auftretenden Veränderungen abhängen." [1]

Der Klimawandel findet statt, er ist schon heute in allen gesellschaftlichen Bereichen der USA zu spüren. Bis Ende des Jahrhunderts werden sich die wetterbedingten wirtschaftlichen Schäden auf mehrere hundert Milliarden Dollar belaufen. So lautet das Resümee des am 23. November 2018 veröffentlichten zweiten Teils der 4. Nationalen Klimabestandsaufnahme (Fourth National Climate Assessment - NCA4) der Vereinigten Staaten von Amerika [1]. Der von mehr als ein Dutzend Institutionen unter Federführung der Nationalen Behörde für Ozeane und Atmosphäre (National Oceanic and Atmospheric Administration - NOAA) erstellte, mehr als 1500 Seiten starke Bericht listet im Detail auf, wo mit welchen Schäden aufgrund der globalen Erwärmung in den USA zu rechnen ist.

Die Folgen des Klimawandels seien in den Kommunen bereits in Form von häufigeren und intensiveren Extremwettern und Veränderungen der klimatischen Bedingungen zu spüren. Hier sei mit weiteren Zuspitzungen der Lage zu rechnen, heißt es. Der zukünftige Klimawandel werde voraussichtlich viele Lebensbereiche zerstören. Besonders betroffen seien verletzliche Menschen (Alte, Kinder, Behinderte) sowie ärmere und marginalisierte Kommunen. Ohne substantielle und nachhaltige Vermeidungs- und Anpassungsmaßnahmen sowohl auf globaler als auch regionaler Ebene werden Infrastruktur und Immobilien zunehmende Verluste erfahren und das Wirtschaftswachstum bremsen.

Besonders bemerkenswert ist auch die Einschätzung des Reports, daß "Kaskadeneffekte" zwischen natürlichen, künstlichen und sozialen Systemen auftreten werden. Diese Folgen des Klimawandels seien oftmals schwierig vorauszusagen, bedrohten jedoch grundlegende Versorgungsleistungen innerhalb der nationalen Grenzen und darüber hinaus.

Zunehmende Grundwasserverluste, Waldbrände, Dürren, Überschwemmungen und Verluste an Land, Infrastruktur und Gebäuden insbesondere in den gefährdeten Küstengebieten zählen zu den erwarteten Trends im Laufe dieses Jahrhunderts ebenso wie gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund vermehrter Hitzetage, verstärkter Luftverschmutzung, der Verbreitung von Infektionskrankheiten, unter anderem aufgrund der Vermehrung von Überträgern von Dengue-Fieber sowie des Zika- und des Westnilvirus.

Der Bericht gilt als Ohrfeige für die Regierung von US-Präsident Donald Trump, weil diese die menschliche Verantwortung für die gegenwärtige globale Erwärmung leugnet und die menschengemachten Emissionen von CO₂ nicht als treibende Kraft des Klimawandels anerkennt. Wenn nun das Weiße Haus den Bericht mit den Worten kommentiert, er sei "ungenau" [2], dann entstammt diese Einschätzung weniger der wissenschaftlichen Ignoranz, wie vielfach kolportiert wird, sondern schlicht dem Herrschaftsanspruch des Immobilien-Tycoons Trump und seiner Regierungsmannschaft, die mit der fossilen Energiewirtschaft eng verbandelt ist. Dort hat sie ihre Heimat, von dort erhält sie üppige Finanzmittel.

Man wird Trump niemals davon überzeugen können, was die Wissenschaft weltweit nahezu einhellig erklärt und was auch jetzt in der 4. Nationalen Klimabestandsaufnahme bestätigt wird, nämlich daß anthropogene Treibhausgase für die globale Erwärmung und ihre Folgewirkungen verantwortlich sind. Denn Trump will gar nicht überzeugt werden. Das sagt er nicht so offen, denn das würde ihm nur lästige Scherereien bereiten. Also sagt er oder läßt verlauten, daß der NCA4 "ungenau" ist.

Natürlich ist das gelogen. Der NCA4 nennt sehr genau, im Detail heruntergebrochen auf einzelne Regionen, mit welchen klimatischen Veränderungen sie zu rechnen haben und was sie Maßnahmen zum Schutz vor und Kompensation von Klimafolgen kosten werden. Wäre der Bericht nicht 1500, sondern 15.000 Seiten stark würde Trump wahrscheinlich monieren, daß man so genaue Vorhersagen zur Klimaentwicklung gar nicht machen könne, der Report somit unseriös sei. Wer ein Haar in der Suppe sucht, wird immer fündig, und sei es, daß er es erfinden muß. Es war schon immer ein Merkmal von Herrschaft, vermeintlich irrational handeln zu können, ohne dafür belangt zu werden.

Doch man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, die sture Haltung der US-Regierung in Klimaschutzfragen beruhe auf unzureichenden Informationen oder sei irrational. Das trifft nicht zu, die Regierung handelt rational, nur daß sie einer anderen Ratio folgt als der eines großen Teils der Menschheit, der etwas gegen die globale Erwärmung und ihre verheerenden Folgen unternehmen will. Wenn man jedoch davon ausgeht, daß der steigende Meeresspiegel niemals das oberste Stockwerk des Trump Towers erreichen wird, dann macht man eine ganz andere Politik als beispielsweise jemand, der sagt, daß unter allen Umständen verhindert werden muß, daß Inselstaaten wie die Malediven, Tuvalu und Marshall Islands untergehen.

Trump ist bis auf die Knochen Opportunist. Alles, was ihm nützt, findet er gut, und dabei kann er von einem Tag auf den anderen bedenkenlos seine Ansichten um 180 Grad drehen. Seine Anhängerschaft findet er bei unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die wenig miteinander zu tun haben können. Zuspruch erhält er beispielsweise aus der rassistischen Alt-Right-Bewegung wie auch von den christlich-fundamentalistischen Evangelikalen. Einen eigenen politischen Standpunkt Trumps wird man vergeblich suchen; am nächsten kommt ihm wohl das Bild des in mafiöse Strukturen eingebundenen, reichen Erben und Immobilienhais, der Geschäfte mit jedem macht, von dem er sich Vorteile verspricht. Dabei ist der Spruch "America first!" keine Erfindung Donald Trumps, sondern politische Leitlinie aller seiner Vorgänger, ob sie sich des Multilateralismus eines Bill Clinton bedienten oder des Isolationismus eines Donald Trump.

So wie Letzterer und seine Kamarilla in der Klimaschutz- und Umweltgesetzgebung gewütet haben und dies auch weiterhin tun, ist nicht damit zu rechnen, daß es zu seiner Amtszeit einen weiteren solchen Klimareport wie den NCA4 geben wird. Wenn Trump nicht mit so vielen anderen Vorgängen beschäftigt wäre, die seine Aufmerksamkeit verlangen, da sie seine amtliche Stellung unmittelbar gefährden könnten - beispielsweise die Untersuchung des FBI-Ermittlers Mueller -, würden die Institutionen, die zu diesem Report beigetragen und sich damit gegen Trump positioniert haben, eine "Säuberungswelle" erfahren, die noch über die Anti-Klimaschutzmaßnahmen hinausginge, die bereits seit zwei Jahren laufen.


Fußnoten:

[1] https://nca2018.globalchange.gov/chapter/1/

[2] https://www.nytimes.com/reuters/2018/11/23/us/politics/23reuters-climate-change-usa.html

26. November 2018


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