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RESSOURCEN/143: Hoher Wasserverbrauch bei Förderung von Schiefergas (SB)


Schiefergasförderung in den USA - wachsender Konkurrenzdruck um knappe Ressource Wasser

Neue Bundesratsinitiative gegen Fracking in Deutschland



Eine neue Studie über Fracking in den USA kommt zu dem Ergebnis, daß fast die Hälfte aller Bohrlöcher in Gebieten liegt, in denen Wassermangel vorherrscht. Das sei problematisch, da bei dieser Art der Förderung von unkonventionellem Erdgas (auch Schiefergas genannt) große Mengen an Frischwasser verbraucht und kontaminiert werden, berichtete die Umweltorganisation Ceres Anfang dieses Monats. [1]

Karge, hügelige Landschaft - Foto: David Ferderer, USGS, 2013

Fracking oftmals in wasserarmen Gebieten. Badlands in Billings County, North Dakota. Im Hintergrund sind Öl- und Gasförderstellen der geologischen Bakken-Formation zu erkennen.
Foto: David Ferderer, USGS, 2013

Damit spricht Ceres einen Kritikpunkt an, der auch für die Bundesrepublik Deutschland relevant ist. Hier verfügt man zwar über ergiebigere Wasserressourcen als in vielen Regionen der USA, in denen heute Schiefergas gefördert wird, aber der hohe Wasserverbrauch könnte auch hierzulande zu einem Problem werden, sobald sich die klimatischen Verhältnisse ändern und Westeuropa trockener wird. Eben das wird von Wissenschaftlern in ihren Klimasimulationen prognostiziert. Außerdem muß das verbrauchte Wasser (Flowback) entsorgt werden, was ein beträchtliches Problem darstellt, da es chemisch und manchmal sogar radioaktiv kontaminiert ist. [2]

Ceres macht darauf aufmerksam, daß ausgerechnet in den Bundesstaaten Texas und Colorado, in denen zur Zeit Dürre herrscht, besonders viel Fracking betrieben wird. Bei dieser Methode wird eine Schiefergasschicht im Untergrund zunächst senkrecht angebohrt, dann wird der Bohrkopf allmählich horizontal umgelenkt. Schließlich wird das Gestein mit Hilfe eines Gemischs aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck aufgebrochen. Anschließend wird der Flowback so gut es geht zurückgepumpt, wobei stets eine große Menge im Untergrund zurückbleibt. Das Gas kann zusammenströmen und wird nun nach oben gefördert. [3] Die Angaben, wieviel Wasser beim Fracking verbraucht wird, weichen je nach Quelle stark voneinander ab; es kann aber auf 35 Millionen Liter pro Bohrloch hinauslaufen. [4]

In Colorado befinden sich 92 Prozent und in Texas 51 Prozent der Bohrlöcher in Gebieten mit "extrem hohem Wasserstreß", wobei auf Texas fast die Hälfte aller Bohrlöcher entfällt, die in der Studie berücksichtigt wurden. In einigen Counties (Bezirken) wird ein Fünftel des Wassers nur für die Gasförderung verbraucht. Beide Bundesstaaten wurden im vergangenen Jahr von einer schweren Dürre heimgesucht. So ist auch der Fluß Colorado, der eine wichtige Quelle für die Landwirtschaft darstellt, über Monate hinweg nur noch ein Schatten seiner selbst gewesen. Selbst in niederschlagsreichen Jahren sind Texas und Colorado nicht unbedingt mit Wasser gesegnet.

Die Daten der Ceres-Studie beruhen zum einen auf der umfangreichen Dokumentation der Website FracFocus.org über 25.450 Bohrlöcher, die zwischen Januar 2011 und September 2012 in Betrieb waren. Und zum anderen auf Daten zu Wasserstreßindikatoren, die das World Resources Institute (WRI) zusammengetragen hat. Das Resultat: Fast 47 Prozent aller Brunnen befanden sich in Regionen mit hohem oder extrem hohem Wasserstreß.

Laut der Studie wurden während des Untersuchungszeitraums rund 250 Milliarden Liter Wasser in den Untergrund gepumpt, was ungefähr dem jährlichen Verbrauch von 2,5 Millionen US-Bürgern entspricht. Da aber nicht jedes Unternehmen seine Daten an FracFocus liefert, dürfte der Gesamtverbrauch von Wasser bei der Gasförderung noch höher liegen.

Künstlich angelegtes, mit Folie ausgekleidetes Wasserbecken - Foto: Bill Cunningham, USGS

Beim Fracking werden große Mengen Wasser verbraucht. Fayetteville Shale, Arkansas
Foto: Bill Cunningham, USGS

Bei der Vorstellung der Studie auf der Jahreskonferenz der Organisation vom 1. bis zum 2. Mai 2013 in San Francisco erklärte Ceres-Präsidentin Mindy Lubber, daß in vielen Regionen der USA inzwischen wachsende Spannungen zwischen der Förderung von unkonventionellem Erdgas und der örtlichen Wasserversorgung für die übrigen Verbraucher bestehen.

Die Umweltschutzgruppe übt mit ihrer Studie jedoch keine Fundamentalkritik am Fracking, sondern möchte darauf aufmerksam machen, daß die Industrie mehr Gewicht auf das Recycling von Wasser legen sollte. Auch dürfte in Zukunft nicht immerfort Frischwasser verwendet werden, wenn die bestehenden Pläne zur Ausweitung des Förderung von unkonventionellem Erdgas erfüllt werden, lautet eine weitere Forderung.

Im Grunde genommen befürwortet die Organisation Ceres das Fracking, indem sie Empfehlungen an Politik und Wirtschaft ausspricht wie:

- Die Gasförderer sollen offenlegen, welche Mengen an Frischwasser, Brauchwasser und recyceltem Wasser sie verwenden und Rechenschaft über den Verbleib des Wassers ablegen.

- Es sollten Zielvorgaben zum Verbrauch von Frisch-, Brauch- und recyceltem Wasser festgelegt werden.

- Es sollte sichergestellt werden, daß Unternehmen und örtliche Behörden einen ausreichenden Wassermanagementplan aufstellen.

Der aktuelle Bericht ist Bestandteil einer von Ceres geplanten, umfänglicheren Untersuchung zu Gefährdungen des Wassers während der gesamten Produktionskette des Frackings. Die Organisation wendet sich eigenen Angaben zufolge vor allem an Investoren auf dem Gebiet der Gasförderung. Damit positioniert sich Ceres, die über ein Jahresbudget von mehreren Millionen Dollar verfügt, zwischen Zivilgesellschaft, Behörden und Wirtschaft mit dem Ziel, einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen zu fördern. Daß der nachhaltigste Umgang mit einer Ressource darin besteht, sie gar nicht erst zu fördern, ist kein Bestandteil der Politik dieser Organisation.

Ein ganzes Feld mit containergroßen Wassertanks, von denen Rohrleitungen ausgehen - Foto: Bill Cunningham, USGS

Aus den Becken wird das Wasser zunächst in solche Tanks gepumpt, bevor es ins Bohrloch gepreßt wird. Fayetteville Shale in Arkansas.
Foto: Bill Cunningham, USGS

Übertragen auf die Verhältnisse in Deutschland, wo noch kein Fracking im industriellen Maßstab zur Förderung von Schiefergas stattfindet, müßte man Ceres als eine recht industriefreundliche Organisation bezeichnen, die vermutlich der Position von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) nahesteht. Die beiden Minister haben kürzlich einen Gesetzentwurf zum Fracking vorgelegt, gegen den nun 80 Abgeordnete opponieren. Ihre Kritik richtet sich nicht hauptsächlich gegen die Menge an Wasser, die beim Fracking verbraucht wird, wohl aber gegen die Menge an chemisch verseuchtem Lagerstättenwasser, das beim Fracking anfällt.

"Wir haben riesige Probleme mit der Entsorgung des Lagerstättenwassers, egal ob gefrackt oder nicht gefrackt wurde. Das Wasser ist hochgradig benzol- und quecksilberbelastet", moniert laut einem Greenpeace-Bericht der CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt aus dem niedersächsischen Landkreis Verden, der vom Fracking betroffen wäre. [5]

Am Freitag hat der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Grüne) einen Antrag im Bundesrat eingereicht, demzufolge das Bergrecht so geändert werden soll, daß Fracking in Deutschland eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Habeck schlägt vor, die Kontamination des Untergrunds mit Umweltgiften zum Zweck der Gasgewinnung zu verbieten. [6] Der Antrag wurde zur Beratung in die Bundesratsausschüsse überwiesen.

Schlupflöcher könnte es aber selbst dann noch geben, wenn der Antrag Schleswig-Holsteins angenommen wird, denn die Frage, was ein Umweltgift ist und was nicht, bedarf der Klärung. Wenn die mit dem Fracking befaßten Unternehmen behaupten, daß sie Chemikalien verwenden, die ungiftig sind, und das von den Behörden abgesegnet wird, wäre möglicherweise der Weg für Fracking frei - trotz eines geänderten Bergrechts.


Fußnoten:

[1] http://www.ceres.org/press/press-releases/new-study-hydraulic-fracturing-faces-growing-competition-for-water-supplies-in-water-stressed-regions

[2] http://schattenblick.com/infopool/umwelt/redakt/umre-141.html

[3] http://schattenblick.com/infopool/natur/chemie/chula275.html

[4] http://blog.sfgate.com/energy/2013/05/02/nearly-half-of-fracking-happens-in-places-short-on-water/

[5] http://www.greenpeace-magazin.de/tagesthemen/einzelansicht/artikel/2013/05/05/schwarz-gelb-sucht-rezept-gegen-fracking-angst/

[6] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schiefergas-foerderung-schleswig-holstein-will-fracking-verbieten-lassen/8158772.html

5. Mai 2013