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RESSOURCEN/187: Größtes Schieferölfeld der USA entdeckt - Leb wohl, Klimaschutz! (SB)


Ölstaat Texas, mal wieder

Neubewertung durch U.S. Geological Survey katapultiert Wolfcamp an die Spitze der Schieferölfelder in den USA


90 Prozent der bekannten Ressourcen an fossilen Energieträgern müssen im Boden bleiben, andernfalls würden durch ihre Verbrennung so viele Treibhausgase erzeugt, daß sich die Erde stark erwärmt und klimatisch bedingte Naturkatastrophen zur neuen Normalität werden. Davor warnen Klimawissenschaftler wie Prof. Ottmar Edenhofer, Stellvertretender Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), schon seit Jahren. [1]

Auf der internationalen Klimaschutzkonferenz COP 22, die am Freitag in Marrakesch zu Ende ging, wurden zahlreiche Vorschläge diskutiert, über welche Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen die globale Erwärmung aufgehalten werden könnte, aber ein Thema wurde dort allenfalls gestreift: Solange neue Erdöl- und Erdgasfelder entdeckt werden, wächst die Gefahr, daß das Wissen genutzt wird und sie ausgebeutet werden. Auf der anderen Seite schwinden dadurch die Chancen, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad, geschweige denn unter 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Auf diese "Leitplanken" hatte sich jedoch im Dezember 2015 ein Großteil der internationalen Staatengemeinschaft im Klimaschutzabkommen von Paris geeinigt.

Nicht nur der Sieg des US-Milliardärs und Klimawandelleugners Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten dürfte ein schwerer Schlag gegen die internationale Klimaschutzbewegung sein, sondern auch die Meldung des Geologischen Dienstes der USA, USGS, über eine Neubewertung des Wolfcamp-Schieferölfelds im Permian Basin (Becken) des Bundesstaats Texas. Demnach handelt es sich um das bislang größte Erdölfeld auf US-Territorium, das jemals entdeckt wurde. Laut USGS birgt es technisch förderbare 20 Milliarden Barrel Erdöl, 16 Billionen Kubikfuß Erdgas sowie 1,6 Milliarden Barrel Gaskondensate. Damit ist es dreimal so groß wie die Bakken-Formation, eines der Hauptfördergebiete unkonventioneller Erdöl- und Erdgaslagerstätten in den USA. [2]

Die Vorstellung, daß das Wolfscamp-Feld erst jetzt entdeckt wurde, ist ungenau. Solche Neubewertungen, zu denen es häufiger kommt - wenngleich selten mit einem derart spektakulären Ergebnis! -, stützen sich unter anderem auf neue Bohrungen, seismische Messungen und wissenschaftliche Analysen oder auf eine Verbesserung der Fördertechniken, mittels derer sogar bereits als ausgeschöpft geltende Bohrlöcher wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Unter "technisch förderbar" versteht man diejenigen Lagerstätten, die nach gegenwärtigem Stand der Technologie förderbar sind, was noch keine Aussage darüber ist, ob sich bei den gegenwärtigen Preisen und den politischen Rahmenbedingungen eine Förderung wirtschaftlich lohnt.

Das Wolfcamp-Schieferölfeld ist seit Jahrzehnten bekannt; dort wurde und wird Erdöl bereits über mehrere tausend Bohrlöcher gefördert. Allerdings wurden diese vorwiegend senkrecht in den Boden getrieben, wohingegen es mit neueren Fördertechniken gelingt, den Bohrkopf gezielt von vertikal nach horizontal umzulenken, so daß eine erdöl- oder erdgasführende Schicht sehr viel gründlicher ausgeschöpft werden kann. Die Horizontalbohrung ist auch eine beliebte Methode, die bei der Hydraulischen Frakturierung, meist in Kurzform Fracking genannt, verwendet wird.

Die geologische Erkundung des Untergrunds und die Analyse wissenschaftlicher Daten hinsichtlich einer potentiellen Förderung von Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas durch die Geologischen Dienste in den USA, Deutschland und vielen anderen Ländern bleibt bisher vom Klimaschutzdiskurs ausgenommen. Das ist inkonsequent, denn wenn kein Wissen um die Bodenschätze existiert, werden auch keine Begehrlichkeiten geweckt. Es scheint jedoch fast ein Selbstgänger zu sein, daß unverdrossen staatlich finanzierte geologische Erkundungen stattfinden, deren Zweck darin besteht, fossile Energieträger aufzuspüren und das Lagerstättenpotential abzuschätzen.

Führt bereits die Debatte um die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse und die Eigentumsordnung innerhalb des Klimaschutzdiskurses ein Nischendasein, trifft das noch viel mehr auf die Produktion von Herrschaftswissen zu, an der USGS mit seiner aktuellen Analyse des Fördervolumens des Wolfcamp-Schieferölfelds an einer wesentlichen Schnittstelle beteiligt ist. Es ist nicht die Oberschicht, zu der auch die texanischen Ölbarone zählen, der aufgrund des Klimawandels das Wasser schon jetzt bis zum Hals steht.


Fußnoten:

[1] http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0098.html

[2] https://www.usgs.gov/news/usgs-estimates-20-billion-barrels-oil-texas-wolfcamp-shale-formation

20. November 2016


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