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INTERVIEW/145: Kohlepatt Brandenburg - Höchste Zeit ..., Axel Kruschat im Gespräch (SB)


Weichenstellung für die Zukunft - Plädoyer für ein Ausstiegsszenario

Interview am 9. Juli 2014 in Berlin-Schöneberg



Der Verwaltungswissenschaftler Axel Kruschat ist Landesgeschäftsführer des BUND in Brandenburg. Im Rahmen einer Pressekonferenz des BUND Berlin und des BürgerBegehrens Klimaschutz (BBK) am 9. Juli in Berlin-Schöneberg führte er aus, warum die Klimaschutzziele Brandenburgs bis 2030 mit neuen Braunkohletagebauen nicht zu erreichen sind und daß auch das Trinkwasser Berlins durch den Sulfateintrag aus den Gruben und Kippen in Brandenburg beeinträchtigt wird.

Im Anschluß daran beantwortete Kruschat dem Schattenblick einige Fragen zur Rolle der Linkspartei im Brandenburger Kabinett, zu den Plänen Vattenfalls, zu einem Szenario des schrittweisen Ausstiegs aus der Braunkohle und zur aktuellen Stimmung in der Lausitz.

Stehend nach dem Gespräch - Foto: © 2014 by Schattenblick

Axel Kruschat
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick: Sie sind Landesgeschäftsführer des BUND in Brandenburg. In diesem Bundesland haben kürzlich die Kabinettsmitglieder der Linksfraktion dem Braunkohleplan zugestimmt. Wie ist das aus Ihrer Sicht zu bewerten?

Axel Kruschat: Dem Kabinett in Brandenburg gehören eine Ministerin und drei Minister der Partei Die Linke an. Alle vier haben dem Braunkohleplan zugestimmt und damit die früher bezogene Position ihrer Fraktion preisgegeben. Wir haben in der Vergangenheit zusammen mit der Linkspartei ein Volksbegehren gegen neue Tagebaue angestrebt, wozu natürlich ausdrücklich auch der Tagebau Welzow-Süd II gehört. Da die Linken keine Mehrheit im Kabinett haben, wäre der Beschluß auch gegen ihre Stimmen möglich gewesen. Die Koalition wäre in diesem Fall jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zerbrochen.

Das eigentliche Problem ist schon viel früher anzusiedeln. Zur Erstellung dieses Braunkohleplans war ein Planverfahren erforderlich, das jedoch von vornherein nicht ergebnisoffen angelegt, sondern darauf ausgerichtet war, den Plan auf jeden Fall zu beschließen. Wäre es in dem Planverfahren mit rechten Dingen zugegangen, hätte die Abwägung, wie sie die Planungsbehörde im Rahmen der Gemeinsamen Landesplanung schließlich vorgenommen hat, niemals so kommen können. Es ist das eigentliche Versagen der Linken, nicht darauf geachtet zu haben, daß es ein ergebnisoffenes Verfahren gibt, in dem fundierte Argumente zählen.

Wir haben dort sehr viele Gegenargumente vorgebracht, darunter den Braunkohlebedarf. Selbst der Gutachter des Wirtschaftsministeriums mußte einräumen, daß in seinem Konzept der Braunkohlebedarf für diesen Tagebau nur vorläge, wenn man Braunkohlestrom speichern könnte, was natürlich völlig absurd ist. Wir suchen Speichermöglichkeiten für regenerative Energien, während der Braunkohlestrom gewissermaßen schon in der Braunkohle gespeichert ist, die man einfach nur nicht zu verbrennen braucht. Außerdem mußte der Gutachter zugeben, daß er sich beim Braunkohlebedarf um circa 95 Millionen Tonnen für das Kraftwerk Boxberg verrechnet hat. Berücksichtigt man, daß der Tagebau Welzow-Süd II, um den es dabei ging, etwa 200 Millionen Tonnen Braunkohle erschließen soll, wird also selbst unter Maßgabe des Gutachtens seitens des Wirtschaftsministeriums die Hälfte dieses Vorrats gar nicht mehr benötigt.

Das und vieles mehr hätte man bei einer ergebnisoffenen Abwägung berücksichtigen müssen, was aber nicht geschehen ist. Deswegen werden wir als Verband eine Normenkontrollklage einreichen. Wir werfen der Linken vor, sich nicht mit aller Kraft für ein offenes Verfahren eingesetzt zu haben. Daß die SPD diesen Tagebau will, ist ja schon seit Beginn dieser Koalition bekannt. Und wie es um die Mehrheiten im Kabinett steht, ist ebenfalls kein Geheimnis. Der Gesetzgeber fordert jedoch ein offenes Verfahren, und das hat definitiv nicht stattgefunden.

SB: Welche Rolle hat der Braunkohleausschuß in dem Verfahren gespielt? Handelt es sich dabei um ein Gremium, in dem eine ergebnisoffene Beschlußlage möglich ist?

AK: Im Braunkohleausschuß gab es ungeachtet dieser Voraussetzungen schon deutliche Gegenstimmen, doch hat er keine beschließende Funktion mehr. Zudem gehören ihm natürlich viele Vertreter aus der Region an, die abhängig von der Braunkohlewirtschaft sind und demzufolge nicht gegen diesen Tagebau stimmen. Vor allem aber war eine angemessene Befassung mit allen wesentlichen Aspekten schon rein technisch gar nicht möglich. Es waren mehrere Kilo Unterlagen zu lesen, die im günstigsten Fall sechs Wochen vorher ausgeteilt wurden. Da im Braunkohleausschuß ehrenamtliche Vertreter sitzen, die sich nicht hauptamtlich ausschließlich damit befassen, war es völlig unmöglich, diesen Aktenberg zu durchdringen. Es ist härteste Arbeit, die man da leisten muß, und insofern kann man der Entscheidung des Braunkohleausschusses so gut wie keine Bedeutung beimessen. Das für die Abwägung erforderliche Wissen konnten sich die Mitglieder in der kurzen Zeit gar nicht erarbeiten.

SB: Welche Einflußmöglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht über politische Parteien wie die Grünen oder die Linkspartei auf Bundesebene?

AK: Auf Bundesebene gibt es natürlich die Einflußmöglichkeit über eine Änderung des Bergrechtes. So könnte man die Bedarfsprüfung bei den einzelnen kommenden Genehmigungsschritten viel stärker vom Braunkohleplan abtrennen. Damit argumentiert ja die Linke in Brandenburg, daß es sich beim Braunkohleplan noch nicht um die endgültige Genehmigung des neuen Tagebaus handelt, dem vier weitere Genehmigungsschritte vorausgehen. Bei der Bedarfsprüfung greift man bislang jedoch auf den Braunkohleplan zurück, der natürlich einen Bedarf konstatiert, so daß diese Prüfung auf der unteren Ebene abgeschlossen ist. Man müßte also das Bergrecht entsprechend ändern, was die Linke im Bundestag beantragen könnte.

Solange Vattenfall keinen Hauptbetriebsplan eingereicht hat, kann man diesen Braunkohleplan noch zurückziehen. Wir sitzen ja heute hier zusammen, um darüber zu reden, welchen Einfluß der Berliner Senat hat. Er könnte immer noch Einspruch einlegen, weil ja im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung so ein Tagebau gemeinsam beschlossen werden muß.

SB: Derzeit wird eine Diskussion darüber geführt, ob Vattenfall ernsthaft einen Ausstieg aus der Braunkohle plant. Im Herbst stehen in Schweden Parlamentswahlen an, und da der Energieriese ein Staatskonzern ist, könnte eine neue Regierungskoalition den Rückzug aus diesem Geschäftszweig beschließen. Andererseits kursieren Zahlen, wonach Vattenfall angeblich eine Milliarde Euro Profit pro Jahr mit der Braunkohleverstromung macht. Wie realistisch schätzen Sie die Möglichkeit ein, daß Vattenfall aussteigen könnte?

AK: Diese Möglichkeit besteht, das wird in Schweden sehr kontrovers diskutiert. Es hängt von den politischen Mehrheiten ab, ob der Ausstieg stattfindet oder nicht. Meiner Ansicht nach wirft die Braunkohle derzeit wirtschaftlich noch Gewinne ab, was sich aber mit dem tendenziellen Wegfall der Erdgas-Merit-Order aufgrund der zunehmenden Menge an Strom aus Erneuerbaren schnell ändern kann. Daraus folgt, daß die Braunkohleverstromung künftig nicht mehr so viel Geld einbringen wird, weshalb sich Vattenfall schlichtweg aus ökonomischen Gründen daraus verabschieden dürfte. Das wäre jedoch für alle Beteiligten eine schlechte Lösung, da man dann diskutieren müßte, ob ein neuer Betreiber kommt. Und wenn er kommt und investiert, will er natürlich zuallererst sein Geld raushaben. Stiege das Land Brandenburg wieder darauf ein, wäre die Situation dieselbe wie zuvor.

Ich denke, man kommt ohne die Entwicklung eines gemeinsamen Ausstiegsszenarios nicht aus. Das bedeutet, auf neue Tagebaue wie Welzow-Süd II zu verzichten, eine ehrliche Bedarfsanalyse vorzunehmen und das Kraftwerk in Jänschwalde bis 2030 Stück für Stück zurückzufahren. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daß man weniger Kohle braucht, die Netze nicht mehr mit Braunkohlestrom verstopft werden, der Zwang zum Ausbau nicht mehr so hoch ist und natürlich die Klimaschutzziele erfüllt werden. Das ist ein wesentlicher Punkt, den ja auch die Umweltministerin Anita Tack von der Linken kritisiert hat, daß diese selbstgesteckten Klimaschutzziele der Landesregierung nicht zu erfüllen sind, wenn dieser Tagebau aufgeschlossen wird. Das Ziel, bis 2030 auf 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr zu kommen, ist mit der Umsetzung des Braunkohleplans unerreichbar.

Meines Erachtens kann man dieses Problem nur durch eine gesellschaftliche Entscheidung lösen, indem man gemeinsam Alternativen entwickelt. Nach ökonomischen Kriterien, daß der Konzern weitermacht, weil er Geld verdienen kann, oder in Schweden entschieden wird, daß man aussteigt, weil man eben kein Geld mehr verdient, ist das nicht zu regeln. Man muß sich vielmehr ein realisierbares Ausstiegsszenario überlegen. Wir haben vorgeschlagen, die bisher genehmigten Lausitzer Tagebaue bis 2040 auszukohlen, das Kraftwerk Jänschwalde zu schließen und in den 30er Jahren die Kraftwerke Schwarze Pumpe und Boxberg folgen zu lassen. Auf diese Weise würde man einen fließenden Übergang schaffen und, was die Arbeitsplatzzahlen betrifft, genau in den demographischen Knick hineinkommen, so daß mit Sicherheit keine betriebsbedingten Kündigungen durchgeführt werden müßten. Die Leute könnten in Rente gehen. Und für die Nachbetreuung der Kraftwerksstandorte braucht man ja auch Personal. Man kann ein Kraftwerk nicht einfach ausschalten und dann stehenlassen, sondern das muß rückgebaut werden, was mindestens noch zehn Jahre dauert. Man hätte arbeitsplatztechnisch eine Perspektive für die Region und zugleich noch genug Zeit, eine Alternative zu entwickeln. Diese Entscheidung für ein Ausstiegsszenario wäre jetzt möglich.

SB: Rückbau setzt demnach voraus, daß man relativ zeitnah eine grundlegende Entscheidung in diesem Sinne treffen müßte.

AK: Genau, wenn jetzt noch Jänschwalde-Nord dazukommen sollte, dann liegt das natürlich nicht mehr in der Hand der Landesregierung. Wenn dieser Braunkohleplan mit Welzow-Süd II wie auch Jänschwalde-Nord erst einmal greift, dann hat ein Bergbautreibender das Recht, sofern er die Genehmigungsauflagen in den verschiedenen bergrechtlichen und wasserrechtlichen Belangen erfüllt, die Braunkohle abzubauen. Dann ist es völlig egal, ob das Land irgendwelche Klimaschutzziele formuliert. Im Gegenteil kann der Antragsteller sogar Schadenersatz fordern. Das ist ja gerade das Fatale an dieser Entscheidung, daß damit für viele Jahrzehnte eine Rückkehr zum vorhergehenden Zustand nicht möglich wäre. Sobald Vattenfall diesen Antrag stellt, kann der Braunkohleplan nicht ohne weiteres zurückgenommen werden. Im Grunde müssen sich die Entscheidungsträger nicht nur bei der Linken, sondern auch bei der SPD fragen, wie sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, daß sie die Klimaschutzziele für 2030 des Landes Brandenburg in den Papierkorb geworfen haben.

SB: Braunkohle wird in Deutschland in hohem Maße subventioniert: Durch eine vergleichsweise geringe CO2-Abgabe, die fast kostenlose Wasserentnahme und andere Vorteile. Im Grunde ist es demnach eine politisch gewollte Entscheidung, die Braunkohle abzubauen und daraus Strom zu erzeugen.

AK: Ja, und insbesondere die SPD in Brandenburg, die schon seit vielen Jahren Regierungspartei ist, befindet sich da in der Zange. Auf der einen Seite Vattenfall, auf der anderen die IG BCE, da hochrangige Funktionäre der Gewerkschaft gleichzeitig Funktionen in der SPD Brandenburg haben und überdies Aufsichtsratsmitglieder bei Vattenfall sind. Drittens kommen die Kommunen hinzu, die 40 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen haben und natürlich fürchten, daß diese wegfallen. Dadurch entsteht ein Dreieck, in dem sich die SPD kaum bewegen kann. Gleichzeitig werden aber die Zukunftschancen, die die Region hätte, vertan. Es werden keine Alternativen entwickelt, und es ist auch nachweislich so, daß die Bergbaugebiete zu den ärmsten gehören, da der Bergbau nicht dazu führt, daß eine Region reich wird. Vielmehr entsteht eine wirtschaftliche Monostruktur mit ausgeprägten Abhängigkeiten und ansonsten sehr wenig. In dieser Situation befindet sich auch die Lausitz. Eigentlich müßte die Landesregierung alles tun, um aus dieser Situation herauszukommen. Sie macht jedoch das Gegenteil, und das ist nur damit zu erklären, daß sie dort fest im Griff dieser dreiseitigen Lobby steckt. Hätte man einen Plan B, gäbe es keine Rechtfertigung mehr, warum man Dörfer abbaggern muß, warum Menschen im hohen Alter von teilweise 80 Jahren künftig komplett umsiedeln sollen.

SB: Wie ist derzeit die Stimmung in der Lausitz?

AK: Die Stimmung ist sehr gespalten. Wir haben natürlich viele Leute, die um ihren Arbeitsplatz fürchten und dementsprechend gegen jene, die Kritik üben und protestieren, negativ eingestellt sind. Aber auf der anderen Seite haben wir auch sehr viele Menschen, die sehen, daß das so nicht mehr weitergehen kann, die ihre Heimat verteidigen wollen. Ich sage ganz bewußt Heimat verteidigen, weil hier wirklich ein Stück Heimat verlorengeht und nie wieder in dieser Form erstehen kann. Da gibt es Dörfer, die viele hundert Jahre alt und lebendig sind mit ihrem Dorfleben. Das sind nicht irgendwelche verschlafenen Nester, dort gibt es wirklich blühende, organisierte Dorfgemeinschaften. Und die sollen zerstört werden. Das kann nie wieder so entstehen, das kann man nicht nachbauen. Das sind die Leute, die auf unserer Seite und zugänglich für unsere Argumente sind. Im Gegensatz zu Horno, das vor einigen Jahren abgebaggert wurde, ist da schon ein deutlich größerer Widerstand zu spüren. Wir werden das am 23. August mit der deutsch-polnischen Menschenkette zeigen. Es ist natürlich nicht nur ein Lausitzer Problem, da auch auf polnischer Seite große Tagebaue geplant werden und beispielsweise der Ort Guben dann komplett von Tagebauen eingekreist würde.

SB: Im Vorfeld der Menschenkette findet auch das Klimacamp in der Lausitz statt.

AK: Genau, das Klimacamp findet dort statt, und wir hoffen, daß wir da gute Diskussionen führen und zur Menschenkette mobilisieren können. Es sind natürlich alle eingeladen.

SB: Die Menschenkette und das Klimacamp haben sicherlich die Funktion, einen Übertrag in die Öffentlichkeit zu schaffen. Angeblich lassen viele Meinungsumfragen darauf schließen, daß ein wachsender und inzwischen recht beachtlicher Teil der Bevölkerung in Deutschland und auch in Brandenburg die Nutzung der Braunkohle ablehnt. Kann man das bestätigen?

AK: Es kommt immer darauf an, wie man die Frage stellt. Generell sehen die Leute, daß man aus der Braunkohle aussteigen und eine Alternative schaffen muß. Die Linke selbst hat sich aber gescheut, das Programm aufzugeben, und weiter Erklärungen verabschiedet, daß sie für den mittelfristigen Ausstieg bis 2040 sei. Selbst die SPD sagt in den Sonntagsreden, daß wir langfristig aus der Braunkohle aussteigen müssen, nur daß das eben jetzt nicht geht. Die Arbeitsplatzzahlen und die Gewerbesteuereinnahmen beeindrucken natürlich die Leute. Zudem wird von den Braunkohlebefürwortern stets das Gerücht in die Welt gesetzt, wir wollten sofort aussteigen und schon morgen die Braunkohlekraftwerke abstellen, was natürlich kompletter Unfug ist. Wir führen seit fünf, sechs Jahren immer dieselbe Diskussion, in der nun Ministerpräsident Dietmar Woidke und mittlerweile auch Finanzminister Christian Görke von der Linken genauso wie Sigmar Gabriel sagen, wir steigen gerade aus dem Atom aus, deshalb können wir jetzt nicht aus der Braunkohle aussteigen.

Dabei ist überhaupt nicht beabsichtigt, das gleichzeitig zu tun. Wenn wir eines Tages ganz aus der Braunkohle aussteigen, sind wir schon 20 Jahre aus der Atomenergie ausgestiegen, wenn das so läuft wie geplant. Das ist ein ganz großer Unterschied, den die Leute auf der Straße nicht so direkt sehen. Deshalb sind natürlich viele verunsichert, und so kommen Ergebnisse zustande, daß Braunkohle nach Meinung vieler noch unverzichtbar ist. Daß aber die Entscheidungen zugunsten der Braunkohle die nächsten 30 Jahre wirken und, wenn das so weitergeht, eine Braunkohleverstromung bis 2067 ermöglichen, wird meistens verheimlicht. Wenn man es den Leuten so erklärt, dann ist das völlig logisch, daß sie einen Ausstieg befürworten, weil der nicht sofort kommt, sondern in einem Zeitraum zwischen 2020 und 2040.

SB: In der aktuellen Diskussion um die Energiesicherheit Deutschlands wird im Zusammenhang mit der Krise in der Ukraine und der Frontstellung gegen Rußland das Argument vorgehalten, Braunkohle sei als eine heimische Energieform unverzichtbar. Steht zu befürchten, daß unter Verweis auf die tendenzielle Unsicherheit anderer Energiequellen die Braunkohle auf politischer Ebene langfristig favorisiert wird?

AK: Ja, aber dann sollte man die Braunkohle lieber aufheben. Wir haben das Kraftwerk in Jänschwalde mit einem Wirkungsgrad von effektiv 34 Prozent. Das bedeutete, ich werfe über die Hälfte dieses angeblich total wichtigen heimischen Rohstoffes weg, da die Wärme in Wasserdampf umgewandelt wird, der in die Atmosphäre aufsteigt. Wenn ich überlege, was ich in Zukunft brauche, so ist es ein Ersatz fürs Erdöl. Folglich muß ich die Braunkohle hegen und pflegen, aufheben und nicht für Verstromung verschwenden, die ineffizient ist und für die es andere Möglichkeiten gibt. Es ist das alte Denken, daß mich alles, was ich selbermachen kann, unabhängig macht und ich dadurch Sicherheit gewinne. Dabei sollte man längst gelernt haben, daß Sicherheit durch Vernetzung, durch gegenseitige Abhängigkeit geschaffen wird. Dadurch entsteht dann auch ein Denken in gemeinsamen Interessen, das langfristig Sicherheit schafft.

SB: Herr Kruschat, vielen Dank für dieses Gespräch.


Bisherige Beiträge zur Pressekonferenz im Schattenblick unter
www.schattenblick.de → INFOPOOL → UMWELT → REPORT:

BERICHT/087: Kohlepatt Brandenburg - Tic Tac Toe ... (SB)
INTERVIEW/143: Kohlepatt Brandenburg - Wandel der Auslegung ..., Dirk Teßmer im Gespräch (SB)

31. Juli 2014