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WALD/097: Hambacher Forst - Zweig um Blatt und Kern auf Kern ... (Hambacher Forst)


Hambacher Forst - 30. und 31. Oktober 2014

Räumung, Verletzte, Blockaden, Wiesendurchsuchung!

Solidaritätsaufruf



Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:

Nach der Deutschen Presse-Agentur, dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 30.10.2014, dem WDR und anderen Medien wird im Zusammenhang mit dem folgenden Beitrag von einem Angriff auf die Waldarbeiter mit Verletzungsfolgen durch vermummte Besetzer gesprochen, die zudem mit Holzlatten und Pfefferspray bewaffnet gewesen sein sollten.


Räumung, Verletzte, Blockaden, Wiesendurchsuchung! - 30.10.2014

RWE-Wachschutz verletzt Aktivist_innen. Eine Person vom Wachschutz bewusstlos geschlagen und Aktivistinnen gewürgt, mit Kabelbinder festgenommen und abgeführt.

Am heutigen Tag kam es zu einer weiteren Blockade der Rodungsarbeiten im Hambacher Forst im Rahmen der "Kein-Baum-fällt"-Kampagne.

Dabei griffen RWE-Wachschützer mehrere Aktivist_innen mit Schlagstöcken und Pfefferspray an. Zu dem Zeitpunkt wurden die ersten Aktivist_innen verletzt. Daraufhin kam es zu einer zweiten Blockade, um dem Wachschutz und den Rodungsarbeitern bewusst zu machen, dass in ihrer Nähe Menschen in Bäumen und auf dem Boden leben und sie durch die Rodungsarbeiten in Kauf nehmen, diese zu verletzen. Im Zuge der zweiten Blockade kam von allen Seiten Wachschutz mit Metallschlagstöcken und Pfefferspray und griff die Aktivist_innen an. Auch die Rodungsmaschine fuhr in voller Fahrt auf die Aktivist_innen zu. Dabei wurden drei Personen so verletzt, dass eine von ihnen kurz das Bewusstsein verlor und regungslos am Boden lag. Im gleichen Moment nahm der RWE-Wachschutz drei Menschen fest, indem sie sie würgten und ihnen Kabelbinder anlegten, um sie abzuführen. Aktivist_innen verteidigten sich. Nach einer Stunde tauchte die Polizei auf und nahm die drei von dem Wachschutz festgenommenen Personen an sich und drei weitere fest. Die Polizei ist aus Düren und wird sie dort inhaftieren ...

Kommt 'rum, unterstützt die Besetzung, solidarisiert euch, denn das können die Menschen hier gerade gut gebrauchen ...


UPDATE: Polizei stürmt das Camp und räumt Baumbesetzungen - 30.10.2014

Gegen 18:30 Uhr wurde das Wiesen-Camp am Hambacher Forst von etwa drei Hundertschaften der Kölner Polizei umstellt. Unter ihrem Schutz durchsuchten ca. 30 Beamte der Kriminalpolizei sämtliche Zelte, Autos und Hütten auf dem Platz. Die offizielle Begründung dafür: Es sollte nach Granaten, waffenfähigem Material oder ähnlichem gesucht werden. Zwei Leute wurden festgenommen und einige Gegenstände beschlagnahmt. Bei einer Person war ein Haftbefehl offen und die andere wurde zur Identitätsfeststellung mitgenommen. Der Einsatzleiter war nicht zu sprechen, weil er wohl aus einsatztaktischen Gründen nicht vor Ort war.

Unabhängige Beobachter aus dem Kreis Düren sowie Vertreter vom Staatsschutz aus Aachen waren anwesend.

Gegen 20:30 Uhr war die Durchsuchung beendet und die Polizei zog wieder ab.

Zwei besetzte Bäume an der Rodungskante ("Grubenblick") wurden mit Klettereinheiten und Hebebühne geräumt.


Zusammenfassung der letzten Wochen - 30.10.2014

Seit dem 1. Oktober fanden fast täglich unterschiedliche Aktionen gegen die Rodungsarbeiten im Tagebauvorfeld Hambach bei Köln (Deutschland) statt: Besetzungen der Bäume, der Zuwege zum Hambacher Forst sowie Blockaden von Unternehmen, die sich am Raubbau beteiligen. Es kam in dieser Zeit zu Übergriffen von seiten des RWE Wachschutzes. Mitarbeiter des Unternehmens Kaisers gingen mit Hämmern gegen Aktivist_innen vor und sprachen Morddrohung gegen die Aktivist_innen aus. Die Blockaden sind Teil der "Kein Baum fällt"-Kampagne. Diese dient der Störung der Rodungsarbeiten, der Störung des Betriebsablaufs der Braunkohleförderung und -verstromung. Hier wird eine der klimaschädlichsten Arten der Stromförderung mit Knüppeln, Polizei und Prozessen durchgesetzt. Mit Flutscheinwerfern, Zäunen, Stacheldraht, Wachpersonal mit Hunden, Aushungern, Gewalt gegen Aktivist_innen und Hunderten an Polizisten soll eine Störung des Betriebsablaufes verhindert werden.

Seit mehreren Jahren trifft hier der Wiederstand auf die Interessen von Großkonzernen. Immer wieder besetzten seit 2012 Aktivist_innnen den Hambacher Forst, um sich dieser lebensfeindlichen Technologie in den Weg zu stellen. Sei es durch Besetzung der Bäume und Bauen von Hüttendörfern oder durch Demonstrationen und Klima/Skill Sharing Camps. Es hat sich eine bunte und kreative Widerstandsform entwickelt.

Dies zeigte sich auch in den letzten Tagen auf unterschiedlichste Art durch direkte Aktionen. Am gestrigen Tag kam es zu einer weiteren Blockade der Rodungsmaschinen, bei der drei Aktivist_innen auf die Maschine kletterten und über Lautsprecher auf ihr Anliegen aufmerksam machten. Dabei machte sich eine Person mit einem lock-on am Hals fest, um eine Erstürmung durch das RWE-Wachpersonal zu verhindern. Es wurde über Lautsprecher kommuniziert, dass bei Eingreifen dieser Person die Luft abgeschnürt würde. Dabei wurden Aktivist_innen geschlagen und es wurde versucht sie von der Maschine gewaltsam herunter zu ziehen. In dieser Situation fiel die festgekettete Person in die Halsschlinge und bekam kurzzeitig keine Luft. Die Wachleute ließen von den Personen ab und umstellten die Maschine, um eine Flucht der Aktivist_innnen zu verhindern. Nach ca. einer Stunde tauchte die Dürener Polizei mit ca. 30 Beamt_innen auf. Trotz der Umkesselung konnten sich zwei Aktivist_innen im Unterholz von der Blockade entfernen.

Nach mehreren Gesprächen seitens des sich festgemachten Aktivisten mit dem Einsatzleiter der Polizei wurde kommuniziert, dass die Person sich nicht selber befreien kann. Darauf rückte eine Bereitschaftspolizei-Einheit an, welche auf die Maschine stürmte und die Person fixierte, um sie von ihrer Halsfessel zu lösen. Daraufhin wurde sie mit Handschellen und unter Zurhilfenahme von Schlagstöcken in die Dürener Polizeistelle gebracht. Nach Abnahme der Fingerabdrücke konnte die Person identifiziert werden und wurde frei gelassen.

Am heutigen Morgen wurde bekannt, dass RWE direkt an den Besetzungen Rodungsarbeiten durchführt, was als Provokation zu werten ist. Daraufhin machten sich Aktivist_innen auf den Weg, um die Arbeiten zu stoppen, da in diesem Bereich des Hambacher Forst Menschen am Boden und in den Bäumen leben und durch die Arbeiten ihr leben gefährdet wird. Darauf wurden durch Schlagstock, Pfefferspray und Faustschläge seitens des RWE-Wachpersonal Aktivist_innen verletzt sowie mit Würgegriffen und Kabelbindern festgenommen. Kurze Zeit später tauchte die Polizei mit mehreren Hundertschaften, Räumpanzern, Technischer Einheit, Hebebühnen und Großgeräten auf. Derzeit sind 9 Personen festgenommen worden und in der Dürener Polizeidienststelle inhaftiert. Die Polizei fängt soeben an, den Haufen (eine bewohnte Barrikade), der den Zufahrtsweg zur Baumbesetzung versperrt, zu räumen. In dieser Barrikade haben sich Aktivist_innen festgekettet.

Chronologie der letzten Wochen:

29.10.: Blockade der Rodungsarbeiten durch Besetzen der Fällmaschinen, eine Person festgekettet und inhaftiert
28.10.: Blockaden der Rodungsarbeiten durch Barrikadenbau und Farbbeutel auf Rodungsmaschinen
25.10.: Blockade durch Besetzen der Rodungsmaschinen
19.10.: Spaziergang durch den Hambacher Forst mit 50 Personen
17.10.: RWE und Polizei entdecken eine zweite Besetzung an der Rodungskante und fällen diese Bäume sofort, keine Person im Baum.
15.10.: Aktivistin fällt aus dem Baum, eine Person festgenommen.


Solidaritätsaufruf - 31.10.2014

Der Hambacher Forst - der Wald und die Menschen dort - braucht euch jetzt mehr denn je!

Es sitzen immer noch 14 (!)* Personen in Gewahrsam: In Jülich, in Aachen und in Düren. Fünf von ihnen sollen dem Haftrichter vorgeführt werden. Das bedeutet, dass sie für längere Zeit in Gewahrsam bleiben sollen. Scheinbar soll sogar einigen Menschen zwangsweise DNA abgenommen werden.

In den Pressemitteilungen der Polizei Düren ("Übergriff auf Arbeiter im Wald", "Polizeieinsatz im Hambacher Forst beendet") werden Tatsachen verdreht, so einiges erdichtet und anderes komplett verschwiegen. Stellen wir die Dinge richtig!

Was ihr tun könnt, um den Hambacher Forst zu unterstützen:

• Kommt vorbei, unterstützt die Menschen auf der Wiese und im Wald direkt (ein liebes Gesicht kann unglaublich viel Kraft geben!)

• Fahrt zu den Polizeiwachen, in denen die Leute gefangen gehalten werden - fragt nach, macht Druck, keine_r wird vergessen! (Ruft am besten beim Pressekontakt des Hambacher Forst an [0157 - 54 136 100], um zu koordinieren, wo schon Leute sind, wo noch mehr gebraucht werden, wie die Verpflegungslage ist, ob es Leute gibt, die mit hinfahren möchten etc.)

• Ruft bei den Polizeiwachen an, stellt die Dinge richtig, fragt nach, macht Druck, fordert die Freilassung der Gefangenen, zeigt euch solidarisch, wo immer ihr gerade seid - zum Beispiel durch E-Mails, Transparente aufhängen (am besten mit Foto an den Hambacher Forst) oder ähnliches.

• Verbreitet Information - erzählt es euren Freund_innen, Nachbar_innen, Bekannten, Kolleg_innen weiter, verteilt Flyer, versendet E-Mails oder was auch immer euch einfällt.

• Seid kreativ!

Die Adressen und Kontaktdaten der Polizeistellen sind folgende:

Polizeiwache Düren
August-Klotz-Straße 36
52349 Düren
Tel.: 02421-949-61-12
Fax: 02421-949-61-99
Pressestelle-Kontakt
(laut Polizei Nachfragen erwünscht!):
Tel: 02421-949-11-00
Fax: 02421-949-11-99

Polizeiwache Jülich
Neusser Straße 11
52428 Jülich
Tel: 02461-627-62-12
Fax: 02461-627-62-99

Polizeipräsidium Aachen
Hubert-Wienen-Straße 25
52070 Aachen
Tel.: 0241-9577-0
Fax: 0241-9577-20555
E-Mail: poststelle.aachen@polizei.nrw.de

Pressestelle der Polizei Aachen:
Tel: 0241-9577-212-11
Fax: 0241-9577-212-05


* Update: Gewahrsam - 31. Oktober 2014

Bis auf eine Person sind alle Menschen wieder aus der Gewahrsam entlassen worden.


Weitere Informationen:
http://hambacherforst.blogsport.de/

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Quelle:
Hambacher Forst
E-Mail: hambacherforst@riseup.net
Internet: http://hambacherforst.blogsport.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2014