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WALD/122: Hambacher Forst - Repressionen ... (SB)


Schwere Gewaltvorwürfe aus dem Hambacher Forst gegen die Polizei


In der vorletzten Nacht gab es in Niederaußem eine allgemeine Verkehrskontrolle, wegen der jetzt heftige Vorwürfe gegen das nach Darstellung des Hambacher Forst Blogs gewaltsame Vorgehen der Polizeibeamten laut werden. Die Insassen des Fahrzeugs schienen in Zusammenhang mit den Besetzungen rund um den Hambacher Forst zu stehen. Auf dem Blog wird über massive Übergriffe seitens der Polizei berichtet. Die AktivistInnen sehen darin eine Bestätigung ihrer konsequenten Kooperationsverweigerung gegenüber der Polizei und ihres Vorwurfs, dass in der BRD und insbesondere im Einflussgebiet der RWE-Power-AG wirtschaftliche Interessen über Grundgesetze und Menschenrechte gestellt würden.

Laut dem Blog der BesetzerInnen wurde schon zu Beginn der polizeilichen Maßnahme gegen 1:00 Uhr durch die Beamten ein Zusammenhang zum Anti-Kohle-Aktivismus angedeutet. Darauf hin verlangten sie nicht nur vom Fahrer, sondern von allen Fahrgästen eine Angabe der Personalien. Diese hatten keine Ausweispapiere dabei und lehnten insgesamt die Personenkontrolle im Rahmen einer einfachen Verkehrskontrolle als unzulässig ab. Daraufhin wurden alle Fahrzeuginsassen festgenommen, bis auf den Fahrer (der sich per Führerschein auswies), und für bis zu 12 Stunden in der Polizeiwache Bergheim in Gewahrsam genommen.

In einem Bericht über den Umgang mit den Betroffenen während der vorübergehenden Inhaftierung und der erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Polizei äußert sich eine der Zeuginnen nach den Aufzeichnungen des Blogs zu ihren Erfahrungen:

"Als die Cops mich bei der Verhaftung zum Gefangenentransporter geschleift haben, wurde mein T-Shirt aufgerieben und ich habe Schürfwunden erlitten, die während der ganzen Inhaftierung nicht behandelt wurden", berichtet sie und erzählt weiter: "Ich wurde die ganze Nacht mit Handschellen gefesselt und ohne Decke in der Zelle liegen gelassen. Davon habe ich noch immer Schwellungen und Hämatome an den Handgelenken. Am Morgen verlangte ich deswegen einen Arzt, der mir für nach der Erkennungsdienstlichen Behandlung zugesichert wurde. Als ich dann wieder danach fragte, wurde ich ausgelacht und beleidigt, unter anderem mit dem Spruch: 'Wer keine Personalien angibt, hat auch keine Rechte.'"

Eine weitere Mitfahrerin fügt nach der Darlegung des Blogs dieser Zeugenaussage ihre eigene hinzu:

"Als ich zur Erkennungsdienstlichen Behandlung geführt wurde und nicht kooperierte, bedrohten mich die Polizist*innen offen mit Gewalt. Schon auf dem Weg zum Behandlungsraum pressten sie meinen Brustkorb zusammen, sodass ich nicht mehr atmen konnte. Als ich deswegen schrie, drückten sie mein Gesicht auf den Boden, um mich ruhig zu stellen. Um meine Hände für die Fingerabdrücke auf zu zwingen, kniete sich ein Polizist mit vollem Gewicht auf meinen Unterarm und drehte gleichzeitig meine Faust um. Auf dem Weg zur Zelle wurde ich gewürgt und an meinen Haaren gezogen, wieder um meine Schreie zu unterdrücken. Gleichzeitig wurde ich beleidigt, unter anderem in meiner eigenen Sprache als Hure. Die ganze Zeit über wurde ich wie ein Objekt behandelt und von einem Ort zum anderen gestoßen, ohne dass mir je erklärt wurde, warum mir das alles widerfährt."

Schließlich faßt die Redaktion des Hambacher Blogs ihren Bericht mit folgenden Vermutungen zusamen:

Kritik äußern die KlimaaktivistInnen auch daran, dass ihnen weder irgendwelche Tatvorwürfe noch irgendwelche Dokumente über die polizeiliche Maßnahme vorgelegt worden seien. Die einzigen Hinweise auf einen Grund für die Härte der Repression beziehen sie aus den eindringlichen Nachfragen der Beamten in Bezug auf das Klimacamp. Dieses wird für die kommende Woche beim Tagebau Garzweiler vorbereitet, und für den Zeitraum der Aktionstage mobilisiert die Kampagne "Ende Gelände" öffentlich zu einer massenhaften Aktion zivilen Ungehorsams.

Seit dem 22. Juli ist außerdem ein Hambacher-Forst-Aktivist in Untersuchungshaft. Er wurde während der Räumung des Turms, einer so genannten "lebenden Barrikade" auf einem Waldweg festgenommen und befindet sich seitdem im Hungerstreik. Eine der Personen aus dem Auto sieht einen klaren Zusammenhang zwischen ihren eigenen Erlebnissen in der vergangenen Nacht und der Situation des Aktivisten in U-Haft: "Die Gewalt gegen uns oder Jus ist nun mal kein Einzelfall, sondern Alltag für Menschen, die aus der Norm fallen oder zerstörerische Profitinteressen stören."

7. August 2015


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