Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
e.V.
EU-News - 23.05.2025
Lässt die geplante EU-Wasserstrategie Europa auf dem Trockenen? Moorlandschaft
Ein Leak zeigt: Die geplante EU-Wasserstrategie, die voraussichtlich am 4. Juni vorgelegt werden soll, lässt viel Freiwilligkeit bei Maßnahmen und Zielen zu. Am 7. Mai hatte das EU-Parlament seinen Initiativbericht zur Strategie angenommen. Umweltverbände warnen vor unverbindlichen und nicht ausreichenden Politikmaßnahmen.
Im Juni will die EU-Kommission ihre Strategie für Wasserresilienz vorlegen - ein Entwurfstext der Mitteilung liegt verschiedenen europäischen Medienhäusern vor, unter anderem dem Umweltinformationsdienst ENDS. Demnach plane die Kommission, ab 2026 öffentlich-private Partnerschaften zur Sanierung von durch sogenannte Ewigkeitschemikalien (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen - PFAS) verschmutzten Gebieten zu starten. Die PFAS-Sanierung könnte die EU jährlich 100 Milliarden Euro kosten - in der Strategie sei bisher nicht erwähnt, dass die Produktion von PFAS gestoppt werden könnte, auch der PFAS-Verbotsvorschlag wird nicht weiter thematisiert.
Es soll aus Sicht der Kommission ein neues "Wassereffizienz-Prinzip" eingeführt werden: also möglichst der Bedarf und die Entnahme von Wasser verringert, nach der Entnahme aber auch Maßnahmen wie Wiederverwendung ergriffen werden. Außerdem soll die Verordnung über die Wiederverwendung von Wasser aus dem Jahr 2020 bis Juni 2028 überprüft und ihr Geltungsbereich möglicherweise ausgeweitet werden.
Angesichts der Lage der Dinge scheint die Strategie zu schwach Aus Umweltkreisen heißt es, dass die EU-Kommission zwar plane, ein "anzustrebendes" Ziel für die Reduzierung der Wasserentnahme bis 2030 festzulegen, es aber noch unklar sei, wie verbindlich dieses sein könnte. In der geleakten Version sei kein Prozentsatz angegeben, auch der entsprechende Text stehe noch in eckigen Klammern, muss also noch vereinbart werden. Die Mitgliedstaaten würden lediglich "ermutigt", Wassereinsparungsziele "in angemessener Höhe" festzulegen. Die Kommission wolle den Wasserverbrauch der Industrie überprüfen und könnte die Wasserwiederverwendungsverordnung auf diese ausdehnen. Für den landwirtschaftlichen Sektor bleibe die Kommission "vorsichtig", auch wenn das Problem der Nitratverschmutzung angesprochen und eine bessere Umsetzung der geltenden Richtlinie gefordert wird. Auch bei der Speicherung von Wasser in Stauseen und anderen vom Menschen geschaffenen Strukturen, die eine breite Debatte und Umweltverträglichkeitsprüfungen erforderten, bleibe die Behörde eher vage. Die EU-Kommission setze ohnehin eher auf bereits geltenden Rechtsvorschriften und schon vereinbarte Ziele.
Was PFAS angehe, wolle die Kommission öffentliche Gelder für Standorte ohne sonstige Verantwortliche mobilisieren, ansonsten aber das Verursacherprinzip anwenden, um beispielsweise europäische Gewässer zu reinigen. Geprüft werde, ob das Verursacherprinzip bis 2033 auch auf Produkte ausgeweitet werden kann, die PFAS und Mikroplastik enthalten. Ab Ende 2025 seien zweijährliche Tagungen eines Water Resilience Forums geplant, außerdem soll es "strukturierte Dialoge" mit den Mitgliedstaaten geben.
Bis zur Veröffentlichung der endgültigen Fassung der Strategie wäre noch Gelegenheit, an der einen oder anderen Stelle konkreter zu werden.
Das EU-Parlament hatte am 7. Mai seine Empfehlungen für die Europäische Strategie für die Widerstandsfähigkeit der Wasserressourcen angenommen. Die Abgeordneten forderten eine ehrgeizige Strategie für die EU, um ihre Wasserressourcen effizienter zu verwalten und besser auf die aktuellen wasserbezogenen Herausforderungen zu reagieren. Wasser sei nicht nur für das Leben und die Gesundheit der Menschen unerlässlich, sondern auch von zentraler Bedeutung für die europäische Wirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit und die Bemühungen zur Anpassung an den Klimawandel. Das EU-Parlament setzt außerdem auf sektorale Ziele für die Wassereffizienz und die ober- und unterirdische Wasserentnahme auf der Grundlage von Risikobewertungen. Zudem müsse die künftige EU-Strategie eine Verringerung der Verschmutzung und die Verbesserung der Katastrophenvorsorge vorantreiben. Die EU müsse mehr tun, um die Wasserverschmutzung durch Arzneimittel, chemische Pestizide und Düngemittel, antibiotikaresistente Bakterien, Mikroplastik und Chemikalien zu verringern und so genannte "forever chemicals" (PFAS) auslaufen zu lassen. Auch das Thema Klimaanpassung müsse in sektorale Pläne und politische Maßnahmen, die sich auf Wasser- und Landnutzung auswirken, integriert werden - mit "maßgeschneiderten Maßnahmen für Regionen mit besonderen Herausforderungen" wie der Mittelmeerraum oder Inselgebiete. Die Bereitschafts- und Krisenreaktionsmechanismen für Wasserknappheit, Dürre und Überschwemmungen müssten darüber hinaus deutlich verbessert werden, so die Abgeordneten.
Harsche Kritik erntete die EU-Parlamentsposition zur bevorstehenden
EU-Wasserresilienzstrategie vom Bündnis Living Rivers Europe. Die
Europäsiche Anglervereinigung, das Europäische Umweltbüro (EEB), das
European Rivers Network, The Nature Conservancy und Wetlands
International sowie der WWF kritisierten, im Parlament habe politische
Bequemlichkeit über den Schutz der Umwelt und der öffentlichen
Gesundheit gesiegt. Konservative und rechtsextreme Abgeordnete hätten
den ohnehin schon schwachen Text des Umweltausschusses [1] weiter
abgeschwächt, die Rolle naturbasierter Lösungen (NbS) bei der
Bewältigung der EU-Wasserkrise heruntergespielt und Maßnahmen zur
Bekämpfung der Wasserverschmutzung verwässert. Dies sei ein
"besorgniserregender Präzedenzfall". [jg]
ENDS Europe [kostenpflichtig]: LEAK: Commission sets sights on PFAS
clean-up in water strategy
https://www.endseurope.com/article/1918211/leak-commission-sets-sights-pfas-clean-up-water-strategy
EU-Parlament: MEPs call for bolder EU action on water resilience
https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20250502IPR28214/meps-call-for-bolder-eu-action-on-water-resilience
WWF et al. European Parliament endorses "leaking" water strategy in
plenary
https://www.wwf.eu/wwf_news/media_centre/?18109366/European-Parliament-endorses-leaking-water-strategy-in-plenary
Zum Weiterlesen:
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
European Water Resilience Strategy - Tackling the implementation and
enforcement deficit
https://www.igb-berlin.de/sites/default/files/media-files/download-files/igb_feedback_european_water_resilience_strategy_2025.pdf
[1] https://www.wwf.eu/?17912241/Drought-of-ambition-ENVI-Committee-sets-low-bar-for-EU-water-resilience
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Quelle:
EU-News, 23.05.2025
Deutscher Naturschutzring
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 30. Mai 2025
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