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FORSCHUNG/414: Steigende Huminstoffkonzentration in den Talsperren (UFZ)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Pressemitteilung, 20. März 2013

Wieso steigt die Konzentration an Huminstoffen in den Talsperren?
Magdeburger Forscher untersuchen globales Problem für die Trinkwasserversorgung

von Tilo Arnhold



Blankenburg/Schöneck/Magdeburg. Seit Jahresbeginn untersuchen Forscher im Harz, im Vogtland und in der Eifel ein globales Phänomen, das die Wasserwirtschaft beunruhigt: Die Menge an Huminstoffen nimmt in vielen Gewässern zu. Auch in Deutschland steigen seit etwa 15 Jahren in vielen Talsperren die Konzentrationen. Wieso das so ist, stellt Wasserwirtschaft und Forscher vor ein Rätsel. Huminstoffe sind an sich ungiftige Abbauprodukte von Pflanzen, die aus dem Einzugsgebiet in die Oberflächengewässer gelangen. Für die Trinkwasseraufbereitung sind sie jedoch problematisch. Daher arbeiten die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zusammen mit Talsperrenverwaltungen, Wasserversorgern, Behörden und einem Ingenieurbüro daran, herauszufinden, wie die Einträge in die Talsperren reduziert, Vorhersagen verbessert und Technologien der Wasseraufbereitung optimiert werden können.

Um den Weg des Kohlenstoffs zu verfolgen, nehmen die Wissenschaftler das gesamte Einzugsgebiet der Rappbodetalsperre und der Talsperre Muldenberg unter die Lupe. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert dieses Vorhaben unter dem Namen TALKO (Belastung von Trinkwassertalsperren durch gelösten organischen Kohlenstoff) bis 2015 mit mehr als einer Million Euro. Bereits in den vergangenen Monaten haben UFZ-Wissenschaftler zusammen mit dem Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt umfangreiche Messtechnik in und um die Rappbodetalsperre installiert. Rund eine halbe Million Euro wurde in dieses Observatorium investiert, das Teil der TERENO-Beobachtungsplattformen der Helmholtz-Gemeinschaft ist und jetzt auch dabei hilft, die Ursachen für erhöhte Konzentrationen an Huminstoffen zu finden. Dabei handelt es sich um Abbauprodukte abgestorbener Pflanzen, die durch Niederschlag und Grundwasser in die Oberflächengewässer gelangen. In gelöster Form gehören sie zur Gesamtheit des gelösten Kohlenstoffes (Dissolved Organic Carbon - DOC) im Wasser. Sie färben das Wasser braun und sind verhältnismäßig schwer abbaubar. Erreichen sie eine kritische Konzentration, können sie nicht mehr vollständig entfernt werden, da sie die Flockungsfiltration, einen wichtigen Schritt in der Trinkwasseraufbereitung, stören. Gelangen die Huminstoffe in höheren Konzentrationen in das Trinkwassersystem, können sich vielfältige Probleme ergeben. Während der Desinfektion mit Chlor entstehen dann sogenannte Desinfektionsnebenprodukte. Diese chlorierten Kohlenwasserstoffe gelten als gesundheitlich bedenklich. Außerdem steigt das Risiko einer Wiederverkeimung im Trinkwassernetz. Höhere Huminstoffgehalte erfordern somit eine intensivere und aufwendigere Trinkwasseraufbereitung, was mit höheren Kosten der Aufbereitung einhergeht.

Deutschlandweit erhalten zwar nur zehn Prozent der Bevölkerung ihr Wasser aus Talsperren. Regional haben sie aber eine sehr hohe Bedeutung für die Trinkwasserversorgung. Größere Städte mit Wasserversorgung aus Talsperren sind z.B. Dresden, Chemnitz, Bonn, Halle, Lüdenscheid, Erfurt, Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen. In Sachsen-Anhalt erhalten die Landkreise Harz, Wittenberg, Mansfeld-Südharz, Saalekreis, Anhalt-Bitterfeld und der Salzlandkreis beträchtliche Teile des Trinkwassers aus dem Rappbodetalsperrensystem. Die Talsperre Muldenberg bei Schöneck im Vogtlandkreis versorgt den Großraum Chemnitz. Global gesehen erfüllen Talsperren und Stauseen eine wichtige Funktion im Hochwasserschutz, in der Trinkwasserversorgung und für die Bereitstellung von Brauchwasser für Industrie und Landwirtschaft. Insgesamt wird erwartet, dass die Bedeutung von Talsperren durch den Klimawandel weiter steigt. Denn bei veränderten Niederschlagsmengen und gesteigerten Verdunstungsraten erfüllen Talsperren eine wichtige Funktion, um kurzfristig vorhandene Wasserressourcen wie Starkniederschläge aufzunehmen und für eine spätere Nutzung zu speichern. Sie schützen so vor Extremereignissen wie Hochwasser oder Dürren.

Seit 1993 organisiert die UNESCO jedes Jahr am 22. März den Internationalen Tag des Wassers. 2013 steht er unter dem Motto "Wasser und Zusammenarbeit". Das UFZ trägt seit vielen Jahren mit seiner Expertise in der interdisziplinären Wasserforschung zu einem nachhaltigen Management von Wasserressourcen bei. Mehr Informationen zu aktuellen Themen und Projekten der Wasserforschung sowie eine UFZ-Expertenliste finden Sie auf der Website des UFZ (http://www.ufz.de/index.php?de=31435).

Tilo Arnhold

http://www.ufz.de/index.php?de=31449

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Quelle:
UFZ-Pressemitteilung 2013/012, 20.03.2013
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tilo Arnhold
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2013