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FORSCHUNG/444: Wie oft gibt es Jahrhunderthochwasser? (idw)


Technische Universität Wien - 13.01.2014

Wie oft gibt es Jahrhunderthochwasser?

Magdalena Rogger bekommt den Ernst-Fehrer-Preis der TU Wien. Sie analysierte Prozesse, die zur Hochwasserentstehung führen.



Kein Hochwasserschutz ist so solide, dass er für alle Zeiten jeder Überflutung standhalten wird. Man kann aber Schutzmaßnahmen so anlegen, dass es nur noch in ganz besonderen Ausnahmefällen zu Schäden kommt - etwa bei einem sogenannten "Jahrhunderthochwasser". Doch was ist das überhaupt? Magdalena Rogger analysierte die Hochwasserdynamik verschiedener Regionen ganz genau, sodass der Zusammenhang zwischen Niederschlag und Hochwasser nun besser nachvollzogen werden kann. Entscheidend ist eine Abschätzung der Wassermengen, die in unterschiedlichen Böden gespeichert werden. Für ihre Dissertation erhält sie am 15. Jänner 2013 den Fehrer-Preis der TU Wien.

Jahrhunderthochwasser als Maßstab für Schutzmaßnahmen

Ein Jahrhunderthochwasser ist ein extremes Hochwasserereignis, wie es im Durchschnitt nur alle hundert Jahre auftritt. Es spielt für den Hochwasserschutz eine wichtige Rolle, weil es für die Klassifikation von Risikoflächen und für die Dimensionierung von Maßnahmen wie Hochwasserschutzdämmen eingesetzt wird.

"Um ein Jahrhunderthochwasser abzuschätzen gibt es ganz unterschiedliche Methoden", erklärt Magdalena Rogger (Centre for Water Resource Systems, Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien). Oft werden statistische Extrapolationen verwendet: Man listet die Hochwasser der letzten Jahre auf und versucht, aus der Häufigkeit kleinerer Hochwasserereignisse auf die Häufigkeit schwerwiegender Ereignisse zu schließen.

Eine ganz andere Methode ist, von der Regenmenge auszugehen: Mit einem mathematischen Modell kann man versuchen, aus einem Jahrhundert-Niederschlag das Ausmaß des dazugehörigen Jahrhundert-Hochwassers zu berechnen.

Beide Herangehensweisen liefern leider oft völlig unterschiedliche Ergebnisse. Um zuverlässige Abschätzungen machen zu können muss man daherdie Prozesse, die zur Hochwasserentstehung führen, genauer untersuchen.

Aus diesem Grund hat Magdalena Rogger zehn Regionen in Tirol ausgewählt und genau analysiert. "Der Bodentyp, die Vegetation, die Landnutzung - all das wurde erhoben und floss in die Berechnungen mit ein", sagt sie. "Besonders wichtig war auch die Zusammenarbeit mit einem Hydrogeologen, der uns Daten über die Speicherfähigkeit der Böden zur Verfügung gestellt hat." Ob es sich um felsigen Untergrund oder tiefe Böden handelt, macht für die Hochwasserdynamik einen gewaltigen Unterschied.

Mit einem detaillierten Computermodell wurden dann die Abflussprozesse in den verschiedenen Gebieten nachgerechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass die schwersten Niederschläge nicht notwendigerweise zu den größten Hochwasserkatastrophen führen. Es kommt auch stark auf die Speicherfähigkeit des Gebietes und die Feuchtigkeit der Böden zu Beginn eines Regenereignisses an. Bei dauerhaften Niederschlägen kann es zu Schwellenwertphänomenen kommen: Lange Zeit wird das Wasser aufgenommen, doch irgendwann sind selbst tiefe Böden gesättigt, und dann ergießen sich die Wassermassen ungebremst ins Tal. Solche Prozesse können für die Abschätzung eines Jahrhunderthochwassers eine wichtige Rolle spielen, werden aber bei einer rein statistischen Abschätzung des Wertes aus wenigen Hochwasserdaten oft nicht berücksichtigt.

Durch ihre Arbeit trägt Magdalena Rogger zu einem besseren Verständnis der Prozesse, die zur Hochwasserentstehung führen bei, die auch für die Abschätzung von Jahrhunderthochwässern relevant sind. Magdalena Rogger arbeitet nun auch nach Abschluss ihrer Dissertation weiterhin an der TU Wien, im Team ihres Dissertationsbetreuers Prof. Günter Blöschl, der einen ERC-Grant für Hochwasserforschung zuerkannt bekam und das Doktoratskolleg "Water Resource Systems" leitet. Forschungsthemen gibt es dort noch genug: In Zukunft will sie in ihre Computermodelle auch die Auswirkungen des Klimawandels miteinbeziehen und den veränderlichen Einfluss der Landnutzung berücksichtigen. So kann etwa die Bodenverdichtung durch landwirtschaftliche Bebauung die Wasserspeicherkapazität des Bodens langfristig senken.

Dr. Ernst Fehrer-Preis für angewandte Forschung
Am 15. Jänner 2013 wird Magdalena Rogger vom Rektorat der TU Wien mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis ausgezeichnet. Dieser Preis wurde von Dr. Rosemarie Fehrer gestiftet, der Witwe des Erfinders und Industriellen Dr. Ernst Fehrer. Der Preis wird jährlich für besondere technische Forschungsleistungen mit praktischer Anwendbarkeit vergeben.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
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http://idw-online.de/de/institution88

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Wien, Dr. Florian Aigner, 13.01.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2014