BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1134 vom 17. Okt. 2018 38. Jahrgang
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
Perfluorierte Chemikalien: Die Hotspots
Die PFC-Problematik (s. RUNDBR. 1133/3-4) zieht in Deutschland immer weitere Kreise. Angefangen hatte es im Einzugsgebiet der oberen Ruhr, wo Sondermüll als "Bodenverbesserungsmittel" u.a. in Christbaumkulturen aufgebracht worden war. 2008 wurde dann bekannt, das Perfluorierte Tenside in eine Trinkwassertalsperre ausgesickert waren. Mit dem PFT-komaminierten Trinkwasser aus der Möhnetalsperre wurde auch Arnsberg versorgt - die Folge unter anderem: Hohe PFT-Konzentrationen in der Muttermilch (s. 851/2-4). Dann ging es weiter mit zahlreichen PFC-Funden im Grundwasser unter zivilen und militärisch genutzten Flughafenarealen. Dort waren bei Feuerlöschübungen große Mengen von PFC-haltigen Löschschäumen ins Grundwasser versickert (s. 1053/1-2). Komposte mit PFC-haltigen Papierschlämmen beunruhigen TrinkwasserkonsumentInnen seit zwei Jahren in Mittelbaden. Mehrere 100 ha Ackerboden sind mit PFC belastet. Ein Bodenaustausch auf derart großen Flächen ist nicht finanzierbar. Die Wasserwerke in Rastatt müssen deshalb eine Aufbereitungsanlage bauen und sind auf der Suche nach alternativen Trinkwasserbezugsquellen ohne PFC (s. 1107/3-4, 1047/1-2). Und ebenfalls seit zwei Jahren treiben PFC-Funde im Trinkwasser auch die Menschen im oberbayrischen Landkreis Altötting um - siehe nächste Notiz.
Im Landkreis Altötting hat ein Chemiekonzern im Chemiepark Gendorf von 1968 bis 2004 PFOA (Perfluorooctanoic Acid, Perfluoroctansäure) in das Flüsschen Alz und in die Atmosphäre emittiert. Jetzt müssen die dortigen Wasserwerke ebenfalls mit Aufbereitungsanlagen ausgestattet werden. Neben den Anordnungen zum Bau von Aktivkohleanlagen hat das Gesundheitsamt in Altötting auch alle Hände voll zu tun mit dem Management von Blutproben. Inzwischen sind fast 1000 Blutproben entnommen worden, um eine seriöse Datengrundlage über die "Durchseuchung" mit PFOA in der Bevölkerung des Landkreises zu bekommen.
Auf der Homepage https://www.lra-aoe.de/pfoa hat das Gesundheitsamt Altötting alles Wissenswerte über die PFC-Belastung im Landkreis zusammengestellt. So werden u.a. Antworten zu folgenden Fragen angeboten:
Alle PFC-Artikel, die im ALT-NEUÖTTINGER ANZEIGER (einer Lokalausgabe
der PASSAUER NEUEN PRESSE (PNN)) erschienen sind, können unter
http://www.pnp.de/themen/p/pfoa/ nachgelesen werden.
Trotz des zuvor genannten Informationsangebotes des Gesundheitsamtes Altötting fühlen sich einige TrinkwasserkonsumentInnen von den Behörden schlecht informiert. Ein weiterer Vorwurf: Die Behörden würden "über einen Zeitraum von mindestens sechs, sieben Jahren" PFOA-Untersuchungen durchführen und hätten deshalb "viel früher Alarm schlagen müssen". Deshalb hat sich zum Weltwassertag am 22. März 2018 eine Bürgerinitiative gebildet, über deren Ziele der Bayerische Rundfunk (BR) am 22.03.18 u.a. Folgendes berichtete:
"Unter anderem fordert die Bürgerinitiative nun regelmäßige Runde Tische mit allen Verantwortlichen und volle Transparenz. So müsse endlich eine Studie zur langfristigen PFOA-Belastung veröffentlicht werden. Diese werde seit eineinhalb Jahren unter Verschluss gehalten. Lediglich ein Ergebnis sei bekannt: Dass die PFOA-Belastung im Boden bis 2030 noch ansteige und erst 2050 wieder sinke."
Das Landratsamt Altötting teilte auf BR-Anfrage mit, man habe zu keinem Zeitpunkt Informationen zurückgehalten, "wolle aber künftig offensiver über PFOA-Themen informieren".
Die BI hat inzwischen fünf Arbeitsgruppen gebildet, die sich nicht nur der PFOA-Problematik, sondern u.a. auch der Wasser- und Gewässerbelastung mit Nitrat und Keimen beschäftigen wollen. Mehr über die Aktivitäten der Bürgerinitiative Netzwerk Trinkwasser (BINT) kann auf deren Homepage https://www.bint.bayern/ nachgelesen werden. (Übrigens hat sich auch schon die in der Region besonders starke AFD dem PFOA-Verdruss im Landkreis Altötting angenommen, um damit Wasser auf ihre Mühlen zu lenken.)
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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1134
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2018
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