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ANEKDOTENKÜCHE - DESSERT/001: Flambierte Bananen - Brasilien (SB)


ANEKDOTENKÜCHE - BRASILIEN

Flambierte Bananen


Feuerzauber

Tropische Blüten erfüllten die Nacht mit ihrem betäubenden Duft, als hätten sie sich vorgenommen, den Menschen die Sinne zu verwirren und sie in ihr geheimnisvolles, schlingpflanzendurchranktes Reich zu locken. Maria eilte die steilen Steinstufen hinauf, die vom Dorf direkt zur Villa Sanchez führten. Sie hätte längst dort sein müssen, um bei den Vorbereitungen für das Gartenfest zu helfen. Aber ihrer Mutter war es wieder sehr schlecht gegangen und so hatte sie gewartet, bis die alte Frau fest eingeschlafen war.

Schon von fern sah Maria den Schein der Fackeln, die überall im Garten aufgestellt waren. Das Fest hatte bereits begonnen und die erlesenen Gäste des reichen Plantagenbesitzers Sanchez schlenderten mit Cocktails in der Hand durch die weitläufigen, parkähnlichen Anlagen der Villa und genossen die milde Abendluft.

Als Maria endlich das hell erleuchtete Portal erreicht hatte, sah sie Silas, den Vorarbeiter, lässig gegen eine schlanke Marmorsäulen gelehnt am Eingang stehen. Er hatte ihr schon mehrmals gedroht, sie zu entlassen, wenn sie wegen ihrer kranken Mutter nicht pünktlich zur Arbeit erschien. Nun wollte er seine Drohung offenbar in die Tat umsetzen. Dabei war Maria auf die wenigen Cruzeiros angewiesen.

Gerade als Silas sie bemerkte und mit einer abfälligen Geste, die mehr als alles andere seinen Ärger zum Ausdruck brachte, sein Zigarillo im Sand austrat, tauchte neben ihm eine füllige Frauengestalt auf. Es war Sarah, die schwarze Köchin der Sanchez, die in Marias Dorf großes Ansehen genoß, denn sie sollte über seltsame Kräfte verfügen. In ihrem bunten Kleid sah sie aus wie eine behäbige Matrone, der vor allem am leiblichen Wohl gelegen war. Wem sie aber unverwandt in die Augen blickte - so wie sie es gerade bei dem Vorarbeiter Silas tat - der wurde rasch eines Besseren belehrt, was ihre Harmlosigkeit anging.

Als wäre er in den Magen getreten worden, zog Silas sich mit verzerrtem Gesicht leicht zusammengekrümmt ins Haus zurück und Maria wußte, er würde ihr heute keine Schwierigkeiten mehr bereiten. Sarah kam Maria entgegen und strahlte dabei über ihr breites, glänzendes Gesicht.

"Maria, wie geht es deiner Mutter?" wollte sie gleich wissen.

"Mutter hatte wieder Fieber, aber sie schläft jetzt", entgegnete Maria und konnte ihre Besorgnis dabei nicht verbergen. "Aber danke für deine Hilfe."

"Ach was", wehrte Sarah energisch ab, "ich kann es einfach nicht leiden, wenn ein Wurm sich als Riesenschlange aufspielt." Sie zwinkerte Maria aufmunternd zu. "Du hast heute abend frei und ich werde dir noch etwas mitgeben, das deiner Mutter und dir sicher guttun wird."

Sie verschwand im Haus und kehrte wenig später mit einem Ofenblech zurück, auf dem sorgsam angerichtete Bananenhälften lagen, großzügig mit Mandelsplittern bestreut. Ein wenig verschwörerisch drückte sie Maria ein Fläschchen in die Hand. "Wenn du die Bananen gebacken hast, gießt du den Inhalt dieses Fläschchens darüber und dann halte ein Streichholz daran." Maria versprach, alles zu befolgen, bedankte sich noch einmal und machte sich dann eilig auf den Heimweg.

Die heißen Bananen dufteten köstlich, aber als Maria das Fläschchen darüber ausgeschüttet hatte und ein Streichholz an die Flüssigkeit hielt, loderte eine grüne Flamme vom Ofenblech auf, in der sie für den Bruchteil einer Sekunde Sarahs Gesicht zu erkennen glaubte. Obwohl sie erschrocken war, legte Maria die flambierten Bananen für die Mutter und sich selbst auf zwei Teller und setzte sich zum Essen zu ihrer Mutter ans Bett.

Und die Mutter, die sonst kaum noch etwas zu sich nahm, aß genau wie Maria den ganzen Teller leer und wurde immer munterer dabei, so als habe sie aus einer geheimen Quelle neue Lebenskraft geschöpft ...


*


FLAMBIERTE BANANEN
(für 2 Personen)

4 mittelgroße Bananen
3 EL Mandelsplitter
8 TL Honig
6 EL Rum (54%)
3 EL Butter
Butter zum Einfetten des Blechs


*


In einer Pfanne etwas Butter zerlassen und die Mandelsplitter darin rösten.

Die Bananen schälen, halbieren und die Bananenhälften mit dem Honig bestreichen. In einer gebutterten Bratpfanne oder auf dem gebutterten Backblech die Bananenhälften erhitzen, so daß sie außen weich werden.

Die Bananenhälften vorsichtig auf zwei Tellern anrichten und die Mandelsplitter darüberstreuen. Am Tisch den Rum über die Bananen träufeln und anzünden.


Erstveröffentlichung am 13. August 1997

22. Februar 2007