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ANEKDOTENKÜCHE - FISCH/004: Schlemmerpfanne mit Saurem Hering - Deutschland (SB)


ANEKDOTENKÜCHE - DEUTSCHLAND

Schlemmerpfanne mit Saurem Hering



Mommeken

Vor vielen Hunderten von Jahren, zu einer Zeit, als die Winde noch Namen hatten und in der See und unter der Erde allerlei geheimnisvolle Wesen hausten, da ging es mancherorts unter den Menschen noch weit wilder und zügelloser zu als heute. So war es auch in einem kleinen Fischerstädtchen nahe der Nordsee.

Eigentlich kam man trotz derber Umgangsweise gut miteinander aus, doch von einem auf den anderen Tag übernahmen plötzlich Mißgunst und Diebstahl die Vorherrschaft. Dafür waren die Leute allerdings nicht allein verantwortlich. Denn unmerklich hatte sich ein Dämon, ein beleibtes Männchen mit spindeldürren Beinen und spitzer, roter Mütze, der auf den Namen Mommeken hörte, unter ihnen eingenistet. Er liebte Hering und weilte im Tarnmantel unter ihnen, um sich an den leckeren Speisen, die aus diesem Fisch zubereitet wurden, zu laben. Geschickt entfachte er so manche Schlägerei, um sich im Tumult hier mal welchen aus einem Topf, dort etwas von einem Teller zu stibitzen.

So säte er Zwietracht, wo er nur konnte, um unbemerkt seiner Leidenschaft zu frönen, und man ahnt ja nicht, wie viel ein solch kleines Wesen verschlingen kann! Die Bewohner jedenfalls verfütterten bald, ohne es zu wissen, einen Großteil ihrer Heringsfänge an ihn. Bisweilen fuhren die Kutter sogar noch ein weiteres Mal hinaus, um den enormen Bedarf zu decken.

Eines Tages war Mommeken von den Kochkünsten eines runzligen Mütterleins, das gerade im Begriff war, die hungrigen Mägen ihrer sechs Kinder zu stopfen, so angetan, daß er sich - inkognito, versteht sich - einfach mit an den Küchentisch setzte und seinem Tischnachbarn, einem kleinen Knirps mit wachem Blick, den Teller unter den Händen wegriß. Wütend wollte der Junge ihn sich wiederholen, und da geschah es, daß sich Mommekens Tarnmantel ein Stück weit löste und die behaarten Arme und eine übergroße Gummel, die wohl seine Nase sein mochte, herauslugten.

Auch das Muttchen bemerkte es und lief, so schnell sie ihre Füße tragen konnten, auf die Straße, um die Leute zusammenzurufen. Man hielt Rat und beschloß, den ungebetenen Gast, der noch immer schmatzend am Tisch saß, dorthin zu verbannen, wo er hingehört: unter die Erde! Eilig wurden Schaufeln geholt und mitten auf dem Marktplatz ein tiefes Loch gebuddelt. Dann stürmten die Leute in die Küche, packten den Enttarnten am Schlafittchen und stießen ihn in das Loch, in das er unter Schmähungen immer weiter in die Tiefe hinabsteigen mußte. Anschließend belegte man den gesamten Marktplatz dicht an dicht mit großen Steinen - ein beinahe lückenloses Kopfsteinpflaster. Aber nur beinahe! Denn als ihnen die Steine auszugehen drohten, wurden sie am Ende doch etwas lockerer angelegt. "Was soll's", sagte man sich, "der mit seinem dicken Bauch wird schon nicht hindurchpassen!"

Und siehe da: Fortan verlief das Zusammenleben wesentlich friedlicher. Die Stadtbewohner fischten immer noch große Mengen Hering aus dem Meer, trieben mit ihrem Fang regen Handel und lockten Gäste mit ihren Spezialitäten aus nah und fern.

Zwar konnte Mommeken nun tatsächlich nicht mehr hinaufkommen, doch ganz leer mußte er nicht ausgehen: Wenn wieder einmal ein Schiff in den Hafen einkehrte, die Seeleute ihre Fracht ausluden und die Fische körbeweise zum Markt trugen, dann drückte er mit aller Kraft von unten einen der Pflastersteine etwas in die Höhe und brachte einen Träger damit zu Fall. Eh der sich versah, ergossen sich die silbernen Heringe über die Stelle und nicht wenige davon flutschten durch die Ritzen in die Tiefe.

Dann entstand wieder ein solcher Tumult wie ehemals, laute Stimmen der derb fluchenden Fischer mischten sich mit dem Krakeelen der Kinder, die einen Fisch für Zuhause ergattern wollten. Manche kamen um zu helfen, andere standen neugierig gaffend am Rande. Wer aber in diesem lärmenden Gewirr in der Lage war, ganz genau hinzuhören, der vernahm das schadenfrohe Lachen und die davoneilenden Schritte, wenn der Dämon den erbeuteten Fisch in die Tiefe trug.

Man weiß es nicht, aber vielleicht bereitet er dann ja für all die finsteren Gesellen in der Unterwelt die leckere Speise zu, welche das Muttchen für ihre sechs Kinder auf den Tisch brachte...

Eine Pfanne mit Kartoffeln, Saurem Hering, Tomaten, Spiegeleiern, im Hintergrund ein Bild mit Fischerboot - Foto: © 2014 by Schattenblick

Foto: © 2014 by Schattenblick

ZUTATEN (für 1-2 Portionen)

1 Sauren Hering
2 Eier
50 g geräucherten Bauchspeck
2 Scheiben Mettwurst
1 mittelgroße Zwiebel
1 Tomate
200 g Pellkartoffeln vom Vortag
30 g Margarine
Salz, Pfeffer aus der Mühle

Die Pellkartoffeln von der Schale befreien und in Scheiben schneiden. Die Zwiebel pellen, halbieren und aus der Mitte dünne Ringe schneiden, das Übrige würfeln. Den Bauchspeck ebenfalls in kleine Würfel schneiden. Dann Margarine in der Bratpfanne auslassen und zuerst den Speck, dann Kartoffelscheiben und Zwiebelwürfel darin goldbraun braten. Die Tomate waschen, trockentupfen und in Scheiben schneiden, die Wurstscheiben in feine Streifen schneiden. Beides zu den Kartoffeln geben, mit Salz und Pfeffer würzen und einmal schwenken. Nun die Eier darüber aufschlagen, salzen und das ganze mit geschlossenem Deckel noch ca. drei bis fünf Minuten auf kleiner Flamme garen lassen. Anschließend den Sauren Hering dekorativ in das Kartoffel-Tomatenbett legen, mit den Zwiebelringen garnieren und in der Pfanne servieren.

7. November 2014