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TOURTIP/1041: Grüner Felsen zwischen Asphalt und Burgen. Edinburgh -Ein Umwelt-Reisebericht (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 194 - Oktober/November 2016
Die Berliner Umweltzeitung

Grüner Felsen zwischen Asphalt und Burgen
Edinburgh - Ein Umwelt-Reisebericht

von Marina Körner


Dieses Jahr wollte meine Mutter einmal etwas Neues ausprobieren. Doch als sie das Reiseziel Edinburgh vorschlug, wusste ich erstmal kaum etwas damit anzufangen. Ich hatte die altbekannten Klischees von Schottland im Kopf: Regnerisches Wetter, schottische Männer in Kilts und mit Dudelsack, bergiges Land und natürlich Loch Ness mit dem potenziell existierenden Bewohner Nessie. Der See liegt allerdings fast vier Stunden nördlich von Schottlands Hauptstadt entfernt und strich sich somit automatisch aus unserer Ausflugszielliste. Doch auch so sollten wir einige Naturwunder kennenlernen.

Dudelsackspieler und Harry Potter

Angekommen und vom Bus bequem in die Stadt gefahren, fällt einem sofort auf, dass man die Britischen Inseln erreicht hat. Altbauten aus Natursandstein mit Erkern und hochragenden Schornsteinen säumen die Straßen, einige Läden sehen mit ihren Holzfassaden aus wie einem Harry-Potter-Film entsprungen, es herrscht Linksverkehr. Sobald man sich der Old Town nähert und in die Princes Street einbiegt, sieht man das Edinburgh Castle majestätisch auf einem natürlichen Bergfelsen über der Innenstadt thronen.

Sehenswert ist die Innenstadt allemal: Kulturell hat Edinburgh viel zu bieten mit seinen zahlreichen öffentlichen Museen, Galerien und Theatern. In den Hauptfußgängerzonen zeigen viele Künstler, zum Beispiel Dudelsackspieler, Proben ihres Könnens. Die alten Häuser bieten schöne Bildmotive für Panoramafotos und laden zum Träumen ein. Nicht zufällig holte sich Joanne K. Rowling einige ihrer Inspirationen für ihre berühmte Fantasybuchreihe aus dieser Stadt.

Unser Besuch im August fiel in eine sehr beliebte Reisezeit, in der ein großes Musikfestival gleich auf dem Hof des Edinburgh Castle stattfand. Dementsprechend stark war die Stadt von Touristen besucht und die Straßen in der Innenstadt waren sehr voll. Wer Edinburgh also in Ruhe genießen möchte, sollte besser außerhalb der Hauptsaison anreisen.

Parks und Berge

Schottland, so das Klischee, hat bergig zu sein, und so verhält es sich tatsächlich auch mit Edinburgh. So gibt es zwei schöne natürliche Aussichtspunkte in der Stadt, den Calton Hill und den Holyrood Park. Der Calton Hill ist ein felsiger Hügel, auf dem sich neben verschiedenen Monumenten auch eine alte Sternwarte befindet. Neben dem Blick auf die Stadt ist damit auch ein kultureller Grund zur Besichtigung gegeben.

Im Holyrood Park wiederum befinden sich die Salisbury Crags, eine natürliche Lavaformation, deren große Felsmassen durchaus als Naturwunder bezeichnet werden können. Speziell ist hier Arthur's Seat zu erwähnen, die höchste Spitze der Felsformation, die gleichzeitig auch die höchste Erhebung von Edinburgh ist. Der Holyrood Park ist etwas für Wanderer und Mountainbiker. Der Aufstieg auf den Aussichtspunkt verläuft über natürliche, steile Wege. Überhaupt ist der gesamte Park größtenteils naturbelassen. Ein Tipp: Je früher man kommt, desto besser. In den Abendstunden sammeln sich die Menschen laut den Bewohnern oben auf dem Gipfel in größerer Zahl an. Von diesem Aussichtspunkt hat man einen guten Ausblick über die ganze historische Stadt. Man sollte sich nur auf Wind und ungemütliche Wetterlagen vorbereiten. Gemäß dem Klischee ist auch das Wetter oft sehr regnerisch und kühler als in Deutschland.

Neben diesem kleinen Gebirge mitten in der Stadt gibt es auch zahlreiche künstlich angelegte Parks, oft umgeben von schwarzen, gusseisernen Zäunen. Hier wird ein anderes Klischee erfüllt, das vielleicht eher dem englischen Rasen nachgesagt wird, aber sehr wohl auch auf die Anlagen in Edinburgh passt. Üppiger, weicher Rasen zieht sich über die Parkgebiete und lädt zum Drüberlaufen und Draufliegen ein. Müll und Hundekot sind selten. In großen öffentlichen Parks wie dem Zoo gibt es zudem viele "Recyclingstationen", in denen die Besucher ihren Müll trennen können.

Aufgepasst, einige dieser Parks sind besonders in der Gegend um die Wohngegend New Town nördlich des Edinburgh Castle privat und einzig für die Anwohner der umliegenden Reihenhäuser gedacht. Dafür ist der Park des Royal Botanical Garden für jeden ohne Eintrittsgeld zugänglich, nur die Glashäuser mit den tropischen Pflanzen sind kostenpflichtig. Als ruhige Oase mit einer Vielfalt an interessanten Pflanzen ist die Anlage sehr zu empfehlen. Zusätzlich setzt sich der Royal Botanical Garden für den Schutz der Umwelt ein.

Ein verstecktes Idyll ist das Water of Leith, ein Fluss, der sich vom nördlichen Stadtbezirk Leith in südwestlicher Richtung quer durch die Stadt schlängelt. Er ist oftmals hinter Häusern und Parks versteckt, abgetrennt von dem lauten innerstädtischen Treiben. Die Ufer des Water of Leith sind größtenteils naturbelassen, über lange Strecken führt ein kleiner erhöhter Weg am Fluss entlang. So gelangt man ruhig von der westlichen Stadthälfte bis zum Hafen.

Asphalt und Ampeln

Doch abgesehen von diesen grünen Oasen ist Edinburghs Boden stark versiegelt. Selbst die meisten Parkwege sind aus Asphalt und außerhalb der Parks sind Bäume selten anzutreffen. Neben der bergigen Lage kann auch das schnell dazu führen, dass einem die Beine wehtun. Leider stehen die Bänke hauptsächlich in den öffentlichen Parks und seltener an den Straßenrändern.

Die Trinkwassersituation in Edinburgh sticht im Vergleich zu Berlin stark heraus. Wie häufig im Ausland ist das Leitungswasser grundsätzlich gechlort. Vom Trinken ist also abzuraten.

Wer außerdem einmal an einer Ampel steht, muss feststellen, dass die Ampelschaltung für Fußgänger nachteilig ist. Es gibt sehr lange Warte- und kurze Überquerungszeiten, was inzwischen dazu geführt hat, dass die Bewohner der Stadt sich oft nicht an die Ampelschaltung halten und auf eigene Faust über die Straße gehen. Dafür existieren bei ampellosen Fußgängerüberwegen kennzeichnende Leuchtkegel, die es bei Dunkelheit einfacher machen, die Straßen zu überqueren.

Alles in allem bietet Edinburgh eine Mischung aus schottischer Kultur und gut gepflegten städtischen Naturoasen, die zusätzlich durch ein markantes Relief geprägt werden und diese Stadt einzigartig machen.

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 194, Oktober/November 2016, Seite 23
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2016

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