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SCHLUCKAUF/0085: Stuttgart 21 - Nachtisch & Satire (SB)


Stuttgart 21


Auch mit wild geschwungener Verbalkeule kann Heiner Geißler vielen S21-kritischen Stuttgarter Bürgern nicht klarmachen, weshalb die Region mindestens die Kombilösung in Gestalt eines kleineren Tiefbahnhofs bei gleichzeitiger Teilreduzierung des Kopfbahnhofs (statt seiner Abschaffung) braucht. Daß man, um den Bau eines viergleisigen Tunnelbahnhofs zu begründen, aus dem vorhandenen oberirdischen Bahnhof vier Gleise herausreißt, leuchtet eben nicht besonders ein. Was sonst an Argumenten kursiert, auch nicht.

Übrig bleibt allenfalls unter dem Strich das Wirtschaftsargument hinsichtlich der Gewinne der mit dem Bau beauftragten Firmen und der Gewinne der Bodenspekulanten. Doch rechtfertigt das den immensen Aufwand um die Durchsetzung der erwähnten Kombilösung? Wohl kaum. Warum also muß unbedingt ein unterirdischer Bahnhof her?

Möglicherweise gibt es für den Bau des Bahnhofsprojekts Motive, über die öffentlich nicht verhandelt werden darf. Die SCHLUCKAUF-Redaktion ist dieser Frage nachgegangen und hat sich an ihren Fachberater in Sachen Militärprojekte, Hauptmann a. D. Knut Heimlich gewandt, einen Kenner verteidigungsministerieller Vertuschungsstrategien.

"Den Bau militärisch relevanter Objekte hinter vorgeblichen Wirtschaftsinteressen zu verstecken, gehört propagandistisch zum Standardverfahren", so Heimlich. "Vor allem Objekte wie Großtunnel, Kanalsysteme, unterirdische Produktionsstätten oder eben Tiefbahnhöfe haben neben ihren zivilen Zwecken oft auch einen militärischen. Und letzterer kann weitaus wichtiger sein." Konkret auf Stuttgart 21 angesprochen, entgegnete Heimlich lakonisch: "Die mehr als mühsam zurechtkonstruierte Argumentation der Befürworter spricht ja wohl für sich."

Auf die Frage, ob die Bürger früher leichter von der Notwendigkeit derartiger Bauvorhaben zu überzeugen waren, meinte er: "Nein, keineswegs. Doch damals war das Wirtschaftsargument zeitgemäß und wurde weniger hinterfragt. Das ist es heute nicht mehr. Heute müßte eher ökologisch argumentiert werden. Oder ethnologisch. Diese Entwicklung haben die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium offenbar verschlafen. Die Folgen sind in Stuttgart zu sehen. Und sie werden sehr, sehr teuer."

Schade, daß Hauptmann Heimlich es bisher kategorisch abgelehnt hat, sich neben seinen Äußerungen gegenüber dem SCHLUCKAUF aktiv in die S21-Debatte einzubringen. Aber er wird sicher wissen, warum.

10. August 2011