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SCHLUCKAUF/0133: Das bessere Kind - Nachtisch & Satire (SB)


Das bessere Kind



Finanzstrategen der Bundesregierung, die sich bereits heute mit den Steuereinnahmen von morgen beschäftigen, haben längst Alarm geschlagen: Nicht, weil die Deutschen weniger Kinder bekommen. Auch nicht, weil sich immer mehr einen Hund anschaffen. Sondern weil Hunde zunehmend die Stelle der Kinder einnehmen, die Stelle der künftigen Steuerzahler. Ohne zu zahlen, versteht sich.

Offenbar hat es sich herumgesprochen, daß in einer von turbokapitalistischer Hektik und hightechgestütztem Verfügbarkeitszwang geprägten Gesellschaft der Hund einfach das bessere, weil pflegeleichtere Kind ist. Wer hat schon Zeit, sein aus Kita-Angst bettnässendes, ADS-krankes oder suizidgefährdetes Kind zu den entsprechenden Ärzten zu begleiten? Oder wer hat schon Lust, sich nach Feierabend den Klagen über die mangelhafte Hightech-Kinderausstattung für den Schulunterricht oder dem Mobbing in der Turnhalle zu widmen? Niemand, richtig.

Demgegenüber ist eine feierabendliche, begeisterte Begrüßung durch ein immer niedlich anzusehendes, frohgelauntes Fellknäuel eine Wohltat für die arbeitsstreßgeplagten Nerven. Selbst einen ungerechtfertigten Anschnauzer nimmt dieses bedingungslos wohlgesonnene Wesen kaum übel. Bei einem Kind dagegen wäre dann erstmal ein zeitraubendes Tut-mir-leid-Gespräch mit anschließendem Zoobesuch fällig. Auch die in vielen modernen Berufen erforderliche Mobilität ist mit Hund kaum ein Problem, mit Kind dagegen bringen Umzüge inklusive häufigen Schulwechsels und mehrmaligem Verlust des gerade aufgebauten Freundeskreises oft ernste Schwierigkeiten mit sich. Ergo: Wer heutzutage jemanden zuhause haben möchte, mit dem er kuscheln, spielen und den er verwöhnen kann, gründet keine Familie, sondern kauft sich einen Hund. Oder auch zwei.

Das Problem ist nur, wie gesagt, daß Hunde keine potentiellen Steuerzahler sind. Daher hat es auf ministerieller Ebene bereits Gespräche gegeben, den Hund als Kinderersatz sukzessive, aber so schnell wie möglich, aus dem Leben der Deutschen zu entfernen. Die Forderung nach einem Hundeführerschein und eine stetige Erhöhung der Hundesteuer sind erstmal die Vorhut.

In der Zwischenzeit wird in veterinärmedizinischen Labors fieberhaft an einer Möglichkeit gearbeitet, den Deutschen ihren vierbeinigen Begleiter buchstäblich madig zu machen. Denn um das Halten von Hunden gesetzlich zu verbieten, muß eine Gefahr für die menschliche Gesundheit von den Tieren ausgehen. Nichts leichter als das. Es müssen nur ein paar hundespezifische Parasiten oder Keime her, die für den Menschen bedenklich sind - und Schluß ist mit Wuffi und Strubbel, endgültig.

Dann werden sie wieder Kinder bekommen, die Deutschen. Kinder, die zu tüchtigen Steuerzahlern heranwachsen. Was macht es schon, wenn die zu einem nicht geringen Prozentsatz unter dem unerklärlichen Komplex leiden, kein Hund zu sein...

5. Dezember 2013