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SCHLUCKAUF/0137: Hamburger Bürgerzorn - Nachtisch & Satire (SB)


Hamburger Bürgerzorn



Sauer bis stinksauer sind viele Hamburger immer noch. Denn die inzwischen zurückgenommene Maßnahme, weite Teile St. Paulis und Altonas zum Gefahrengebiet mit besonderen polizeilichen Befugnissen zu erklären, ging ihnen denn doch zu weit. Manche Bürger, die mit den Protesten um die Schließung des Kulturzentrums Rote Flora eigentlich gar nichts am Hut hatten, sind sogar besonders empört. Denn bisher war die Hamburger Polizei für sie Freund und Helfer. Doch von einem solchen Freund einfach unter Pauschalverdacht gestellt zu werden, tut weh. Und aus dem Weh entsteht die Wut, die eine gewisse Schadenfreude von wegen der Blessuren, die auch Polizisten während der Rote-Flora-Demos davontrugen, aufkommen läßt.

Jetzt rudern die Verantwortlichen im Hamburger Senat zurück. Der Eigentümer der Roten Flora soll zum Rückverkauf an die Stadt gezwungen werden, notfalls auch gerichtlich, damit die Flora als Kulturzentrum bestehen bleiben kann. Und unbescholtene Hamburger Bürger sollen in Zukunft innerhalb von der Polizei errichteter Gefahrengebiete unbehelligt bleiben können. Wie das geht? Ein kleines Gerät, von seinen Erfindern "Bioelektrischer Nahfeld-Identifikator" genannt, macht es möglich.

Das Gerät ist in der Lage, das individuelle bioelektrische Nahfeld, das jeden Menschen umgibt, aufzuzeichnen und mit zuvor hergestellten Aufnahmen in einer zentralen Speicherdatei abzugleichen. Mit einem entsprechenden Nahfeld-Scanner können dadurch Personen identifiziert werden, deren Nahfelddaten in der Zentraldatei gespeichert sind. Die Reichweite des Nahfeld-Scanners beträgt etwa 50 m. Bürger, die sich zuvor für die Zentraldatei registrieren ließen, könnten dann innerhalb eines Gefahrengebietes schon aus der Ferne von der Polizei identifiziert werden und völlig unbehelligt ihrer Wege gehen.

Für Hamburger Bürger, die sich bei einer Polizeidienststelle oder ihrem Einwohnermeldeamt bioelektrisch registrieren lassen, bietet das neue erkennungsdienstliche Verfahren noch viele zusätzliche Vorteile:

- bei gleichzeitiger DNA-Speicherung sind spätere
erkennungsdienstliche DNA-Tests nicht mehr notwendig

- auf das Mitführen von Personalausweis, Führerschein, Organspenderausweis etc. kann innerhalb Hamburgs verzichtet werden

- bei Verkehrskontrollen braucht zur Überprüfung der Papiere nicht mehr gehalten zu werden, da der Nahfeld-Scanner sämtliche Daten während der Vorbeifahrt erfaßt

- spezifische, leichte Veränderungen des persönlichen Nahfelds, die auf eine Erkrankung hinweisen, könnten frühzeitig erkannt werden.

In Hamburg hat sich somit alles zum Guten gewandelt. Die unbescholtenen Bürger innerhalb eventueller Gefahrengebiete können künftig sicherstellen, nicht mehr durch Polizeikontrollen belästigt zu werden. Und die linksalternative Szene bekommt ihre Rote Flora wieder. Die dort bis zur Wiedereröffnung in aller Eile und Verschwiegenheit von einer Firma namens "Identity Scan Facilities" durchgeführten Elektroinstallationsarbeiten haben selbstverständlich nur mit der Sicherheit der Stromversorgung zu tun...

20. Januar 2014