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VEGETARIERBUND/358: "Ich bin ein Action-Junkie" - Attila Hildmann (natürlich vegetarisch)


natürlich vegetarisch 01/10 - Winter 2009/2010
Das VEBU Magazin

"Ich bin ein Action-Junkie"
Attila Hildmann über Kochen, Vorbilder und Träume

Interview Elisabeth Burrer


Attila Hildmann ist 28 Jahre alt, lebt in Berlin und hat ein Faible für die gesunde und vegane Küche. Neben seinem Physikstudium schreibt er Kochbücher, gibt Kochkurse und produziert seine eigene Kochshow auf youtube. Neben "Attila-Hildmann-TV" wirbt der sympathische Student mittlerweile für den weltweit größten Tofu- und Tofuwürstchenhersteller Viana. Unter dem Stichwort "The Fresh-Vegan" produziert er seit Neuestem auch englische Videos.

Elisabeth Burrer: Attila, stand für dich schon immer fest, dass du später etwas mit Ernährung machen möchtest?

Attila Hildmann: Einen Bezug zum Essen hatte ich schon in meiner Kindheit. Ich habe meiner Mutter immer beim Kochen über die Schulter geschaut. Aber eigentlich wollte ich Astronaut oder Pilot werden, bis mein Vater mich irgendwann fragte: "Warum wirst du eigentlich nicht Koch?" Damit hat dann alles angefangen.

Burrer: Was macht dir beim Kochen am meisten Spaß?

Hildmann: Ich würde sagen: das Erfolgserlebnis. Mit nur wenig Mühe gute und gesunde Gerichte herstellen und dabei auch noch richtig Spaß haben. Es dauert nicht lange, sich abends ein schönes Essen zu machen. Für mich ist Kochen einfach etwas Zentrales, etwas Künstlerisches. Es gibt mir ein gutes Gefühl. Bei mir steht nicht nur die Rezeptentwicklung im Vordergrund, sondern auch die Präsentation meiner Gerichte. Das ist für mich die Nummer eins.

Burrer: Kommt bei dir zu Hause auch mal ein Fertiggericht in die Pfanne?

Hildmann: Ähm, (lacht) ja eigentlich selten. Wenn ich irgendwo etwas Leckeres sehe, dann fahre ich lieber schnell nach Hause und koche es mir selber. Mir schmecken selbst gemachte Sachen einfach besser und ich nehme mir dann auch die Zeit. Es sieht dann zwar unmöglich in der Küche aus, aber ich bin nun mal ein Food-Junkie. Natürlich will ich als Koch auch neue Dinge ausprobieren und Rezepte entwickeln.

Burrer: Hast du ein Lieblingsgericht?

Hildmann: Hm, (grinst). Also, mein absoluter Favorit, der übrigens auch in meinem nächsten Kochbuch auftauchen wird, sind im Moment panierte Räuchertofuscheiben mit einer Nuss-Cornflakes-Kruste. Dazu Kartoffelrösti und Pfifferlingrahmsoße mit Preiselbeermarmelade. Auf so etwas fahr ich total ab. Es ist leckere deutsche Küche und gerade mein Highlight. Ansonsten liebe ich die italienische Küche. Pasta geht bei mir immer.

Burrer: Gab es ein bedeutendes Ereignis, aufgrund dessen du Vegetarier bzw. Veganer geworden bist?

Hildmann: Als Kind habe ich alles gegessen und mich überhaupt nicht für vegetarische Ernährung interessiert. Ich hatte einfach keinen Zugang zu dieser Lebensweise und dachte, Vegetarier essen nur gedünstete Möhren. Mittlerweile bin ich seit 6 Jahren Veganer und weiß, dass ich das die nächsten 20 Jahre auch noch sein werde. Die Argumente für vegane Ernährung haben mich einfach überzeugt. Sei es Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Tierhaltung, Regenwaldabholzung für Viehfutter oder gesundheitliche Aspekte. Das waren für mich Gründe genug, es einmal auszuprobieren.

Burrer: Hast du ein Erfolgsrezept?

Hildmann: Immer entspannt bleiben. Argumentationen kommen bei mir immer nur ganz spärlich und wenn, dann erst nach dem Essen. Ich hätte nie gedacht, dass ich heute hier sitze und dir ein Interview gebe.

Burrer: Was müsste sich deiner Meinung nach in den (deutschen) Küchen verändern?

Hildmann: Ich glaube, viele kennen die Tricks einfach nicht. Aus Tofu und Weizeneiweiß kann man richtig deftige Mahlzeiten machen. Es gibt einfach eine zu große Wissenslücke. Ich versuche, diese Lücke zu füllen und damit sollten andere Menschen auch mal anfangen. Warum nicht einfach mal Reis mit Tofu und Gemüse? Es muss nicht immer Fleisch geben. Das Bedürfnis ernährungstechnisch etwas zu verändern, ist einfach noch nicht genügend da. Ich will irgendwann, wenn ich mit meiner Familie spazieren gehe und Lust auf Schwarzwälder Kirschtorte habe, auch eine bekommen, egal, wo ich bin und einen Latte Macchiato dazu - aber vegan!

Burrer: Mit welchem Gericht schafft es selbst ein Laie in Sachen Kochen, seinen Gästen Gemüse schmackhaft zu machen?

Hildmann: Ich würde auf jeden Fall einen italienischen Abend vorschlagen. Mit Lasagne oder Spaghetti mit Tofubolognese aus meinem Kochbuch. Dazu ein knackiger Salat und Tiramisu zum Nachtisch. Das kann jeder kochen. Spaghetti Bolognese ist einfach Kult und bei mir schon so oft erprobt. Ich habe eine Freundin, die sagt, dass ihr die vegetarische Variante besser schmeckt als die zuvor mit Fleisch.

Burrer: Welchen Tipp kannst du den Leser/innen mit auf den Weg geben, die gut vegetarisch kochen lernen wollen?

Hildmann: Ich bin der festen Überzeugung, dass jede/r kochen kann, wenn sie/er nur lange genug übt. Also einfach mal die Fertigprodukte im Regal lassen und mit einfachen Rezepten beginnen, zum Beispiel aus meiner YouTube-Kochshow oder aus meiner Vegan Kochbuch Serie.

Burrer: Ich habe gehört, du surfst gerne. Hast du noch andere Hobbys?

Hildmann: Absolut. Ich bin ein Action-Junkie. Ich mache Kung Fu, fahre Ski und Triathlon habe ich auch schon gemacht. Ansonsten mache ich auch gerne Qigong, das ist eine chinesische Meditationsform. Die buddhistische Kultur fasziniert mich sehr und körperlich muss ich einfach ausgelastet sein.

Burrer: Hast du ein Vorbild?

Hildmann: Also wenn ich von einer Person ausgehen würde, von der ich mir geschäftlich was abgucke, dann wäre das Jamie Oliver. Der Typ ist einfach unglaublich. Er schreibt einen Bestseller nach dem anderen. Er hat eine Kochshow, die international ausgestrahlt wird. Viele deutsche Kochshows sind nur Blabla und da fehlt mir die Action. Da finde ich Jamie Oliver besser, denn bei ihm geht es nie nur ums Kochen. Wenn ich mit meiner Arbeit nur annähernd an ihn heran komme, bin ich schon zufrieden. Denn was er geschafft hat, ist einfach phänomenal.

Burrer: Im Moment arbeitest du bereits an einem ganz neuen Kochbuch: "Der vegetarische Grillmeister". Hast du noch andere Pläne?

Hildmann: Erst vor kurzem hat mich die Uni Bonn angesprochen, ob ich nicht als Koch an ihrer Aktion teilnehmen möchte: eine Woche vegane Mensa. Das würde ich sehr gerne unterstützen, aber jetzt muss ich erst mal sehen, wie das mit meiner Prüfung klappt. Mein Traum ist auf jeden Fall ein eigenes Kochstudio, ein eigenes Filmteam und ganz viele Menschen zu haben, die meine ausprobierten Gerichte aufessen können (lacht). Außerdem möchte ich meine eigenen Shows etwas professioneller produzieren. Auch eher auf englisch als auf deutsch. Ich habe zum Beispiel auf meiner englischen Internetseite innerhalb von drei Monate mehr Abonnenten erhalten als in einem halben Jahr auf meiner deutschen Irgendwann möchte ich dann auch Live-Shows machen und mein Glück mit der Schauspielerei versuchen. Das sind große Pläne (grinst). Ich werde sehen wie es läuft.

Burrer: Attila, vielen Dank für das Gespräch.


Weitere Informationen zu Attila Hildmann

Alle Kochshows von Attila Hildmann finden Sie auf youtube.de. Einfach Attila Hildmann TV, Viana TV oder The Fresh Vegan für die englische Version eingeben.

In seinem Kochbuch Vol. 1 zeigt Attila Hildmann, wie vielfältig die vegane Küche ist und wie man preiswert und ohne großen Aufwand gesunde und ausgewogene Gerichte zaubern kann. Das Kochbuch ist im Buchhandel für 14,90 Euro erhältlich.

Attilas Kochkurse finden in Berlin-Mitte jeweils am letzten Sonntag eines jeden Monats statt. Weitere Informationen zu Teilnahmegebühr und Anmeldung finden Sie auf
www.attilahildmann.com


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Quelle:
natürlich vegetarisch 01/10 - Winter 2009/2010, S. 22-23
61. Jahrgang
Vegetarierbund Deutschland e.V. (VEBU)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2010