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UNTERNEHMEN/028: Peugeot - Ein Vorreiter auf der europäischen Automobilbühne, 4. Teil (I. und G. Feldbauer)


Peugeot - Ein Vorreiter auf der europäischen Automobilbühne - Eine Serie in 5 Folgen(1)

IV. Peugeot - Ein Pionier der E-Mobilität. Eine Chronik

Von Irene und Gerhard Feldbauer, 12. Februar 2012


Im Rahmen der Entwicklung neuer Antriebstechnologien spricht man von "der zweiten Erfindung des Automobils". Peugeot kann sich hier zweifelsohne unter die Pioniere alternativer Konzepte einreihen. Auf was man beim Stöbern in der Unternehmensgeschichte stößt, erscheint manchmal kaum glaubhaft. Und doch beginnt die 'Histoire des Automobiles electrique' bei Peugeot bereits vor über 70 Jahren.

Frankreich war von Hitlerdeutschland besetzt und die Industrie des Landes der Kriegsproduktion unterworfen. Abseits vom Lärm der Panzermotoren dachten Ingenieure bei Peugeot daran, dass wieder eine Zeit des Friedens kommen würde und wollten ein leichtes Stadtfahrzeug bauen, das sie auch so nannten: "Voiture légère de Ville", in die Markengeschichte als VLV eingegangen. Vier in Reihe geschaltete 12-Volt-Batterien speicherten Strom für rund 80 km, ein Elektromotor brachte das Auto bis zur Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Zum VLV gehörte bereits ein spezielles Aufladegerät, das an jede Haushaltssteckdose passte. Bis 1945 baute Peugeot genau 377 Stück.

© Peugeot Deutschland GmbH

Peugeot VLV
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Der 205 Électrique

Die Ölkrise der 1970er Jahre zwang zum Umdenken. Peugeot reagierte und fertigte 1984 den Électrique 205 in einer Kleinserie und führte Praxistests durch. Zwölf Nickel-Cadmium-Akkublöcke versorgten einen Gleichstrom-Elektromotor, der 18,5 KW/25 PS an die Antriebsräder weitergab. Die gespeicherte Energie reichte für rund 100 km.

In einer Zeit, da der Klimaerwärmung durch CO2-Ausstoß noch gar nicht die heutige Aktualität zugemessen wurde, wuchs bei den Forschern von Peugeot bereits die Erkenntnis, dass Anfahren, Stoppen, Parken, Weiterfahren den Elektroantrieb im innerstädtischen Verkehr geradezu ideal macht. Ergebnis war, dass das Unternehmen 1988 versuchsweise seinen Transporter J5 mit einem reinen E-Motor bestückte. 1990 kam der große Lieferwagen in einer Kleinserie auf den französischen Markt, etwas später auf den der Niederlande. 28 Nickel-Cadmium-Akkus sorgten für eine Reichweite von 70 km, aber von den 2.420 Kilo, die der J5 auf die Waage brachte, kamen allein 882 Kilo von der Batterie. Dennoch schaffte es der Antrieb, das Auto bis zu 80 km/h zu beschleunigen.


Das Tulip-Konzept

Was seit einigen Jahren Daimler mit seinem Projekt Car2go betreibt, versuchte Peugeot schon 1991 mit seinem Concept "Transport Urbain Libre Individuel et Public" (Tulip). Nach dieser Mobilitätsidee sollten Nutzer ein Anrecht auf Gebrauch eines gerade verfügbaren Tulip-Fahrzeugs abonnieren. Für den reibungslosen Betrieb sollte die Kommunikation unter den zur Verfügung stehenden Autos hergestellt werden. Die Energie der Batterien reichte für 60 km, der 9,6 KW/13 PS starke E-Antrieb schaffte einen Sprint des 2,2 Meter langen Autos von 0 auf 50 km/h in acht Sekunden.


Stufen vom 106 Électrique zum IOn

Unter dem Motto "Mit Spannung in die Zukunft" begann Peugeot 1993 einen emissionslosen Kleinwagen für den Großstadtverkehr zu entwickeln, den Citystromer 106 Électrique, der ab 1. Juli ausgeliefert wurde. 200 Nickel-Cadmium-Batterien verschafften ihm eine Reichweite zwischen 65 und 85 km. Eine komplette Aufladung dauerte sieben Stunden, eine Zehn Minuten-Schnellladung reichte für 20 km. Je nach Fahrverhalten schaffte der 20 KW/27 PS-E-Motor bis zu 90 km/h. Der Viersitzer kostete ohne Batterien 26.250 DM. Die Batterien im Wert von 17.500 DM wurden nicht verkauft, sondern pro Monat für rund 175 DM abonniert. Der 106er wurde bis 2003 über 3.500 Mal verkauft. Mit diesem Fahrzeug begründete Peugeot seine Kompetenz als weltweit führender Hersteller von alltagstauglichen E-Mobilen.

© Peugeot Deutschland GmbH

Peugeot 106 électric
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Auf dem Pariser Autosalon im Oktober 1994 stellte der Franzose sein weiterentwickeltes Tulip-Projekt als Concept Car Ion vor. Die Nickel-Cadmium-Batterien verschafften dem 20 KW/27 PS Gleichstrommotor des 850 Kilo schweren Autos bis zu 105 km/h und eine Reichweite zwischen 110 bis 150 km.

Schon ein Jahr später folgte als weiterer Concept Car ein Touareg als erster Elektro-Geländewagen. Er wog 850 Kilo und war mit Nickel-Metallhydrid-Batterien bestückt. Der auf beachtliche 35,5 KW/48 PS gewachsene E-Motor übertrug seine Kraft auf alle vier Räder, die für eine Spitze von 114 km/h sorgte und für eine Steigfähigkeit von 50 Prozent reichte. Durch einen technischen Trick gelang es, eine Reichweite von 300 km zu schaffen. Ein mitgeführter Rang-Extender (Reichweitenverlängerer) in Form eines 11 KW/15 PS starken Einzylinder-Viertakters lud die Batterie während der Fahrt nach, womit der Touareg allerdings kein reines E-Mobil mehr war.

1996 fertigte Peugeot einen Elektro-Motorroller Scoot'elec für den Stadt- und Umgebungsverkehr. Für seine 115 Kilo hatte er einen 2,6 KW/3,5 PS E-Motor, der auf eine Reichweite von 40, im Sparmodus auf 60 km kam. Vom Scoot'elec wurden 3.500 Stück verkauft.


e-doll und Bobslid

1997 fertigte Peugeot den "Partner Électrique", einen kleinen urbanen Lieferwagen. Der zwei Tonnen schwere Wagen hatte einen 28 KW/38 PS Gleichstrommotor mit Nickel-Cadmium-Batterieblöcken, die Energie für 80 bis 100 km und bis zu 95 km/h lieferten. Er wurde 1.400 Mal gebaut.

Als nächstes entwarfen die Designer des Franzosen die "City Toys"-Marke, von der zwei mit E-Motoren fuhren. Die folgende "e-doll"-Studie, ein 2,50 Meter langer und 1,54 Meter breiter Wagen wurde von zwei E-Motoren angetrieben, die aus dem E-Roller von Peugeot stammten. Danach experimentierte Peugeot mit dem "Bobslid", einem 3,30 Meter langen E-Auto mit Vierradantrieb. Dabei waren für jedes Rad zehn kleine, je 500 Watt starke E-Motoren vorhanden, die insgesamt 20 KW zur Verfügung stellten. Gesteuert wurde der Wagen nicht durch ein Lenkrad, sondern einen Joystick. Die Richtung variierte der "Bobslid", in dem die Richtung der einzelnen Räder verändert wurde.

2009 zeigte Peugeot mit seinem BB1(2) auf der IAA in Frankfurt/Main das erste viersitzige, überdachte und rein elektrische Motorradauto der Welt, das über einen weiterentwickelten Motorradlenker gesteuert wird. Die in Lithium-Ionen-Akkus gespeicherte Energie seiner zwei je 7,5 KW/10 PS Elektro-Radnabenmotoren reicht für 120 km und beschleunigte den 600 Kilo leichten Löwen in 2,8 Sekunden von 0 auf 30 km/h, danach auf 60 in vier Sekunden.

© Peugeot Deutschland GmbH

Peugeot BB1
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Aus den hier aufgezeigten Versuchen trug am erfolgreichsten der 106 Électric zum heutigen iOn bei. Aus der Kooperation mit Mitsubishi Motors Cooperation hervorgegangen, kam er 2010 als erstes vollwertiges E-Auto neuester Generation eines europäischen Herstellers auf den Markt. Der 3,48 Meter lange Viersitzer wird von einem 49 KW/67 PS und 180 Nm starken E-Motor mit Lithium-Ionen-Batterie angetrieben, kommt auf eine Reichweite von 150 km und erreicht 130 km/h. Der Batteriesatz wird in sechs Stunden an der hausüblichen Steckdose aufgeladen aufgeladen, im Schnellladesystem zu 80 Prozent in 30 Minuten.(3)


Das Hybrid-Konzept mit Vorfahrt für den Diesel

Seit den 1990er Jahren arbeitet Peugeot an der Entwicklung von Brennstoffzellen-Antrieben in Kombination mit E-Motoren, bei der von Anfang an dem sparsamen Diesel-Elektro-Antrieb der Vorzug gegeben wurde.(4) Das erste Hybridfahrzeug war der 1991 vorgestellte 405 Break Hybrid, dem der 406 Hybrid (V.E.R.T. 2) folgte. Auf dem Genfer Autosalon 2006 präsentierte der Löwe dann erstmals mit dem 307 Hybrid Hdi ein Parallel-Hybrid-Konzepthybridfahrzeug, dessen Elektroenergie in Nickel-Metallhydrid-Batterien gespeichert wurde. Das Fahrzeug besaß bereits Stop- und Start-Technik und verbrauchte im Stadtverkehr nur drei Liter/100 km/h. Noch 2006 kam mit dem 307 CC Hybrid HDi das erste Coupé Cabriolet heraus.

Der folgende 308 Hybrid HDi übertraf die Leistungen seiner Vorgänger beträchtlich, sein CO2-Ausstoß lag bei 80 g/km. Neben Start- und Stopp-System verfügte er über Rekuperation. Auf dem Pariser Autosalon 2008 war der Mikrohybrid ein Besuchermagnet. Der 1,6 Liter HDi FAP mit 82 KW/112 PS ging bei jedem Stopp in den Standby-Modus und sprang nach nur 480 Millisekunden bei Weiterfahrt wieder an. Der Verbrauch lag bei 4,1 Liter und einem CO2 Ausstoß von 109 g/km.

Gleichzeitig mit dem 308 Microhybrid stellte die Löwenmarke das Concept-Car Prologue Hybrid4 vor, einen 3008, ausgerüstet mit einem 2-Liter HDi FAP vorn und E-Antrieb von 27 KW/37 PS hinten. Insgesamt werden 147 KW/200 PS auf alle vier Räder geleitet. Mit dem Prolog führt Peugeot die Bezeichnung Hybrid4 für den kombinierten Verbrennungs- und E-Antrieb auf alle vier Räder ein. Es war der Weg zum 3008 Hybrid4.


Zwischendurch der Motorroller Hybrid3 compressor

2009 brachte Peugeot den dreirädrigen Motorroller Hybrid3 compressor heraus, in dem der E-Antrieb mit einem Benzincompressor kombiniert ist, der das einzelne Hinterrad mit 15 KW/20 PS antreibt, während in den beiden Vorderrädern je ein E-Motor mit 3 KW/4 PS als Antrieb sitzt. Das außergewöhnliche Mobil verbraucht zwei Liter Benzin auf 100 km/h, was einer CO2 Emission von 47 g/km entspricht. Der Scooter kann auch ausschließlich im E-Betrieb fahren.

Die Erfolgsserie in der Entwicklung von E-Mobilität schließt vorerst mit dem 3008 Hybrid4 (vorgestellt in den Folgen I bis III) ab, der jedoch nicht der letzte Schrei ist. Ihm folgt der Peugeot 508 RXH, mit dem die Full-Hybrid-Diesel-Technologie weiter forciert wird. Das Fahrzeug mit Offroad-Charakter, das ebenfalls mit einer Systemleistung von 147 KW/200 PS aufwartet, wird auf dem Genfer Autosalon (8. bis 18. März) präsentiert.

© Peugeot Deutschland GmbH

Peugeot 508 RXH
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(1) Bisher erschienen im Schattenblick:

I. Der Peugeot 3008 Hybrid4 - Weltweit erste Serienfertigung von Dieselhybridfahrzeugen,
Schattenblick vom 11. Februar 2012

II. Peugeot eHDi - eine Micro-Hybrid- Technologie sorgt für Effizienz und Komfort,
Schattenblick vom 11. Februar 2012

III. Was man vom Peugeot Hybrid4 sonst noch wissen sollte,
Schattenblick vom 11. Februar 2012


(2) Der Name BB1 geht vom französischen "Bebe" aus, zu Deutsch "Baby", einem Fahrzeugtyp, den Peugeot 1905 herstellte. Siehe Beitrag V. "Wurzeln heutiger Unternehmensstrategie - Ein Blick in die 100jährige Geschichte von Peugeot", in der nächsten Ausgabe des Schattenblick

(3) Der iOn wurde im Schattenblick in dem Beitrag vorgestellt:
• Wirtschaftsministerium Saar nimmt E-Auto von Peugeot als Dienstfahrzeug, 11. November 2011

(4) Siehe Folge I bis III des Schattenblick (Fußnote 1).


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Quelle:
© 2012 by Irene und Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2012